Tobias Böing, Jochem Schausten
Zusammenfassung
Durch die Ehe und das eheliche Zusammenleben entstehen Vermögensverflechtungen, die es erforderlich machen, unterschiedliche Fragestellungen unabhängig von güterrechtlichen Regelungen zu behandeln. Die Vermögensauseinandersetzung als solche ist nicht völlig losgelöst von güterrechtlichen Regelungen zu betrachten, denn je nach Güterstand werden unterschiedliche Bewertungen erforderlich. Durch die Vermögensauseinandersetzung wird jedoch ein weitestgehender Ausgleich zwischen den Eheleuten geschaffen, der alleine durch eine güterrechtliche Auseinandersetzung nicht erreicht werden kann. So wird den Interessen beider Ehegatten bestmöglich entsprochen.
1 Einführung
1.1 Vermögensauseinandersetzung neben güterrechtlichem Ausgleich
Rz. 1
Durch die Ehe und das eheliche Zusammenleben entstehen Vermögensverflechtungen, die es erforderlich machen, unterschiedliche Fragestellungen unabhängig von güterrechtlichen Regelungen zu behandeln. Die Vermögensauseinandersetzung als solche ist nicht völlig losgelöst von güterrechtlichen Regelungen zu betrachten, denn je nach Güterstand werden unterschiedliche Bewertungen erforderlich. Durch die Vermögensauseinandersetzung wird jedoch ein weitestgehender Ausgleich zwischen den Eheleuten geschaffen, der alleine durch eine güterrechtliche Auseinandersetzung nicht erreicht werden kann. So wird den Interessen beider Ehegatten bestmöglich entsprochen.
Es stellt sich damit die Frage, was die Vermögensauseinandersetzung im Einzelnen beinhaltet. Sie betrifft insbesondere die Fragen, wer im Verhältnis der Ehegatten zueinander für gemeinsame Schulden einstehen muss, welche Ausgleichsansprüche ein Ehegatte aufgrund von Schenkungen gegen den anderen Ehegatten oder dessen Eltern und umgekehrt hat, welche gesellschaftsrechtlichen Ansprüche (z. B. aus Mitarbeit im Betrieb des anderen Ehegatten, beim Hausbau oder beim Aufbau von Immobilienvermögen) bestehen, wie die Auseinandersetzung in Bezug auf Bankguthaben oder Wertpapiere erfolgt oder welche Mitwirkungspflichten die Ehegatten im steuerlichen Bereich haben.
Da es für die Beantwortung dieser Fragen an familienrechtlichen Vorschriften fehlt und in den wenigsten Fällen klare vertragliche Regelungen zwischen den Eheleuten bestehen, muss weitestgehend auf die Vorschriften des Schuld- und Sachenrechts zurückgegriffen werden. Hierbei ist jedoch stets die "familienrechtliche Überlagerung" der allgemeinen gesetzlichen Regelungen zu berücksichtigen.
Insbesondere beim Güterstand der Gütertrennung muss zumindest soweit ein Ausgleich über von der Rechtsprechung entwickelte und an die Vorschriften des Schuld- und Sachenrechts angelehnte Rechtsfiguren geschaffen werden, wie es das Gerechtigkeitsempfinden verlangt.
Mit den nachfolgenden Erläuterungen sollen ein tiefer gehender Überblick über diese Besonderheiten geschaffen und praxisrelevante Bearbeitungshinweise erteilt werden.
2 Auseinandersetzung von Miteigentum
2.1 Vorbemerkung
Rz. 3
Während einer bestehenden Ehe kommt es zwangsläufig zum Erwerb von Miteigentum an beweglichen Sachen, aber oftmals auch an Immobilien und Grundstücken. Dadurch begründen die Eheleute eine Art Gemeinschaft, in der durch interne (stillschweigende) Verabredungen eindeutig ist, wer die damit verbundenen Lasten trägt. Erst wenn die Ehe scheitert, rückt die Frage der Eigentumszuordnung und der Lastenverteilung in den Vordergrund. Die Eheleute müssen sich einigen, wer ein Nutzungsrecht an dem Familienheim, den Haushaltsgegenständen oder dem gemeinsam genutzten Pkw in Anspruch nehmen kann, dafür aber möglicherweise an den anderen Ehegatten einen finanziellen Ausgleich zahlen, und wer die mit dem Eigentum möglicherweise noch verbundenen Lasten tragen muss. Es muss entschieden werden, ob Miteigentum von einem Ehegatten gänzlich übernommen wird oder ob der im Miteigentum stehende Gegenstand gänzlich veräußert werden soll.
2.2 Anwendbarkeit der Regeln über die Gemeinschaft
Rz. 4
Steht ein Recht mehreren gemeinschaftlich zu, so finden die Vorschriften der Gemeinschaft nach Bruchteilen Anwendung, § 741 BGB. Dies gilt für Rechte aller Art, die eine Mehrheit von Berechtigten zulassen, insbesondere für bewegliche und unbewegliche Sachen. Die Regelungen über die Bruchteilsgemeinschaft werden auch relevant bei der Berechtigung an gemeinsamen Bankkonten und die Forderung in Bezug auf eine Lebensversicherung. Im Zweifel steht den Miteigentümern das Eigentum zu gleichen Teilen zu, § 742 BGB.
§§ 741 ff. BGB kommen jedoch nur zur Anwendung, wenn nachfolgend genannte Regelungen nicht greifen. Vorrangig anzuwenden sind die Regelungen über die Gesamthandsgemeinschaft bei Gütergemeinschaft, aber auch §§ 1361a, 1361b BGB sowie die Regelungen über die Nutzung, die Möglichkeit der Festsetzung eines Nutzungsentgeltes oder einer Ausgleichszahlung und die endgültige Aufteilung von im Miteigentum der Ehegatten stehenden Gegenständen gem. §§ 1568a f. BGB.
Die Auflösung von Miteigentum richtet sich dann nach §§ 749 ff. BGB. Bei Haushaltsgegenständen werden die Sachen im Verfahren nach §§ 200 ff. FamFG verteilt.
2.3 Rechte und begrenzte Verfügungsbefugnis aufgrund der Ehe
Rz. 5
Die Ehegatten haben aufgrund i...