Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis zur Führung der Ehe mit einem Ausländer und die drohende Abschiebung einer Ausländerin, die mit einem Schengen-Visum eingereist ist, später die Ehe in Schweden geschlossen hat und im 3. Monat schwanger ist
Leitsatz (amtlich)
1. Das nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG “erforderliche” Visum verlangt eine Identität des Aufenthaltszweckes für das Visum mit dem Aufenthaltszweck für den Aufenthaltstitel.
2. Die Begünstigung des § 39 Nr. 3 AufenthV greift nicht, wenn die Ehe nach einer Einreise ins Bundesgebiet mit einem Schengen-Visum im Ausland geschlossen wird.
3. Wird die Ehe einer Ausländerin mit einem Ausländer nach der Einreise mit einem Schengen-Visum im Ausland geschlossen, ist die Entscheidung der Ausländerbehörde nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, die Ausländerin auf das Visumsverfahren zu verweisen, von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
4. Allein das Bestehen einer Schwangerschaft im Anfangsstadium macht die Nachholung des Visumsverfahrens nicht unzumutbar.
Normenkette
VwGO §§ 80, 80b; VwVfG § 41; AufenthG § 5 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 77 Abs. 1, § 81 Abs. 3 S. 1, § 84 Abs. 1 Nr. 1, § 99 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2; AufenthV § 39 Nr. 3
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Führung der Ehe mit einem indischen Staatsangehörigen und gegen ihre bevorstehende Abschiebung.
I.
Die Antragstellerin ist indische Staatsangehörige und reiste am 08.09.2008 mit einem vom 20.08. bis 19.11.2008 gültigen französischen Schengen-Besuchsvisum über den Flughafen Wien nach Österreich ein. Dort hielt sie sich ihren Angaben zufolge bei Freunden auf, lernte ihren späteren Ehemann, der ebenfalls indischer Staatsangehöriger ist, kennen und verbrachte mit ihm 10 gemeinsame Tage. Dem Treffen seien Kontakte der beiden Familien vorausgegangen, in deren Folge die späteren Eheleute eine Reihe von Telefonaten geführt hätten. Nach dem Aufenthalt in Österreich fuhr die Antragstellerin mit ihrem späteren Ehemann zu dessen Wohnung nach L…, wo sie weitere 12 gemeinsame Tage verbracht hätten. Aus Zuneigung hätten sie sich entschlossen zu heiraten.
Am 30.09.2008 flogen sie vom Flughafen Hahn im Hunsrück nach Stockholm. Am 02.10.2008 heirateten sie in Wettervik/Schweden und kehrten am 03.10.2008 nach Deutschland zurück. Am 07.10.2008 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, um die Ehe in Deutschland fortsetzen zu können.
Mit Bescheid vom 26.11.2008 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab, forderte die Antragstellerin auf, das Bundesgebiet bis zum 25.08.2008 zu verlassen und drohte ihr mit dem Hinweis, dass Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hätten, unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Zugang des Bescheides die Abschiebung vorzugsweise in die Ukraine an. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid, nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG setze die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in der Regel voraus, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist sei und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumsantrag gemacht habe. Da sie zum Zwecke der Eheschließung nach Deutschland gekommen sei, sei das Besuchsvisum nicht das “erforderliche” Visum.
Die Voraussetzungen des § 39 AufenthV für die Einholung des längerfristigen Aufenthaltstitels im Bundesgebiet seien nicht erfüllt. Nach dessen Nr. 3 könne der Aufenthaltstitel im Bundesgebiet eingeholt oder verlängert werden, wenn der Ausländer ein gültiges Schengen-Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt besitze und die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung des Aufenthaltstitels erst nach der Einreise entstanden seien. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor, weil die Antragstellerin die Ehe in Schweden geschlossen habe und damit der Anspruch auf den Aufenthaltstitel vor der Einreise ins Bundesgebiet entstanden sei.
Zudem lägen die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht vor. Danach sei dem Ehegatten eines Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen könne. Das treffe für die Antragstellerin nicht zu.
Zwar könne nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG von dem Vorliegen der Voraussetzungen des Satzes 1 abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es nach den besonderen Umständen des Einzelfalls nicht zumutbar sei, das Visumsverfahren nachzuholen. Einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis habe die Antragstellerin aber nicht. Auch lägen keine besondere Umstände vor, aufgrund derer es der Antragst...