Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung einer Baugenehmigung vor dem Hintergrund des Gebots der Rücksichtnahme. Erweiterung einer Brennerei mit einem Lagerraum. Drittschutz im Nachbarrecht. baurechtliche Nachbarklage
Leitsatz (amtlich)
Eine Baugenehmigung verstößt nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme, wenn mit ihr bei einer bestandskräftig genehmigten Brennerei, mit deren Errichtung sich der Nachbar in einem gerichtlichen Vergleich einverstanden erklärt hat, die Erweiterung eines mit einem späteren Bauschein ebenfalls bestandskräftig genehmigten Lagerraums zugelassen wird.
Normenkette
BauGB § 34 Abs. 1-2; BauNVO § 4; LBO § 64 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 7.500,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Der Beigeladene betreibt auf der Parzelle Nr. …, die nördlich an die Parzelle des Klägers – Nr. 961/1 – angrenzt und im Eigentum seiner Eltern steht, eine Brennerei. Das Grundstück liegt im Innenbereich des Ortsteils C-Stadt und nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Auf der Parzelle des Klägers stehen im vorderen Teil des Grundstücks grenzständig zum Vorhabengrundstück ein Wohngebäude und im hinteren Teil ebenfalls grenzständig ein eingeschossiges zu gewerblichen Zwecken genehmigtes Gebäude.
Mit Bauschein vom 18.11.1997 – K 613-5/13/97 – wurde dem Beigeladenen die Baugenehmigung für den Neubau einer Brennerei mit Abstellraum sowie einer Überdachung für die Pkw-Garage auf dem Vorhabengrundstück erteilt. Gemäß der Betriebsbeschreibung dient die Brennerei der Herstellung von ca. 50 l Trinkbranntwein pro Jahr aus eigenen selbstgewonnenen Obststoffen. Im Rahmen der vom Kläger und seiner Ehefrau gegen diese Baugenehmigung erhobenen Klage – 5 K 71/00 – schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2001 einen Vergleich, in dem u.A. geregelt war:
- „Die Eigentümer des Grundstücks in der Gemarkung …, Parzelle Nr. … und Ehefrau …, verpflichten sich gegen das auf dem benachbarten Grundstück des A., Gemarkung …, auf der gemeinsamen Grenze bestehende Rückgebäude in seiner am 21.02.2001 bestehenden tatsächlichen Ausführung wegen der Grenzbebauung keine Einwände mehr zu erheben und den zur Legalisierung des bestehenden Gebäudes bestehenden Bauantrag/Befreiungsantrag zu unterschreiben.
- Die Kläger im Verfahren 5 K 71/00 nehmen von einer weiteren Verfolgung des Rechtsmittels gegen die mit Bauschein vom 18.11.1997 – K 613-5/13/97 – erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer Obstbrennerei Abstand.”
Mit Bauschein vom 03.05.2004 wurde dem Beigeladenen die Genehmigung zur Errichtung eines zweigeschossigen Lagers für Maischefässer, Brennereizubehör und Geräte nördlich angrenzend an das vorhandene Brennereigebäude errichtet. Der zweigeschossige Lagerraum mit einer Grundfläche von 5,25 × 7,50 m hält gemäß den Planvorlagen einen Grenzabstand zum Grundstück des Klägers von 3,02 m ein. Diese Baugenehmigung wurde vom Kläger nicht angefochten.
Mit Antrag vom 21.02.2005 beantragte der Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die „Erweiterung Lagerraum für Brennereizubehör” und den Neubau eines Abstellschuppens. Gemäß den Planvorlagen soll grenzständig zum Wohnhaus des Klägers über der vorhandenen überdachten Durchfahrt angrenzend an das Obergeschoss des mit Bauschein vom 03.05.2004 genehmigten Lagerraumes ein eingeschossiges Lager mit einer Größe von 3,02 × 6,03 m errichtet werden. Im hinteren Teil des Vorhabengrundstücks wurde grenzständig zum dort befindlichen zu gewerblichen Zwecken genehmigten Gebäude des Klägers ein Abstellschuppen mit einer Grundfläche von 8,00 × 4,00 m und einer Höhe von maximal 3 m ausgewiesen. Nach der Betriebsbeschreibung dienen der Lagerraum dem Abstellen von Maischefässern und Brennereizubehör und der Abstellschuppen dem Abstellen von Gartengeräten. Im Übrigen soll an dem vorhandenen Betrieb keine Veränderung vorgenommen werden. Mit Bauschein vom 03.05.2005 – – erteilte der Beklagte dem Beigeladenen im vereinfachten Verfahren die beantragte Genehmigung.
Der Bescheid wurde dem Kläger nicht bekannt gemacht.
Mit am 14.07.2005 beim Beklagten eingegangenem Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten legte der Kläger Widerspruch gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, durch das Bauvorhaben würden der Verkehr und der durch das Lager in sein Wohnhaus eindringende Lärm weiter verstärkt. Außerdem gingen von dem Vorhaben starke Geruchsbel...