§ 164 StGB schützt vorrangig die Strafverfolgungsbehörden vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme und stellt demgemäß auch weder ein Strafantrags- noch ein Privatklagedelikt dar. Darüber hinaus wird aber auch der Schutz des Einzelnen vor ungerechtfertigter behördlicher Verfolgung bezweckt. Tathandlung des § 164 Abs. 1 StGB ist das falsche Verdächtigen, d.h. die unwahre Behauptung, ein anderer hätte eine rechtswidrige Tat i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB (Ordnungswidrigkeiten genügen nicht) begangen oder eine Dienstpflicht verletzt. Eine falsche Verdächtigung kann auch durch das Verschweigen wahrer Tatsachen (MüKo/Zopfs § 164 Rn 20, z.B. wenn verschwiegen wird, dass eine Notwehrsituation vorlag) sowie durch eine Manipulation von Beweismitteln (MüKo/Zopfs § 164 Rn 21) erfolgen. Die falsche Verdächtigung muss bei einer Behörde i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB (Polizei, Staatsanwaltschaft, Gericht), einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger, einem militärischen Vorgesetzten oder öffentlich erfolgen. Öffentlich erfolgt die falsche Verdächtigung dann, wenn sie – unabhängig von der Öffentlichkeit des Tatorts – unmittelbar wahrnehmbar für einen größeren unbestimmten oder bestimmten, aber nicht durch persönliche Beziehungen verbundenen Personenkreis ist (MüKo/Zopfs § 164 Rn 6). Es genügt eine mittelbare Verdächtigung, d.h. der Verdacht kann auch einem Dritten gegenüber geäußert werden, wenn er nur eine der genannten Stellen letztlich erreicht (MüKo/Zopfs § 164 Rn 15). Die falsche Verdächtigung muss nach den konkreten Umständen objektiv geeignet sein, ein behördliches Handeln gegen den zu Unrecht Verdächtigten auszulösen oder fortdauern zu lassen, das strafrechtliche oder disziplinarrechtliche Sanktionen mit sich bringen kann. Tathandlung des § 164 Abs. 2 StGB ist demgegenüber das Aufstellen einer falschen sonstigen Behauptung tatsächlicher Art. Hierunter fallen solche Anschuldigungen, die keine Straftat oder Dienstpflichtverletzung, sondern z.B. eine Ordnungswidrigkeit zum Gegenstand haben (MüKo/Zopfs § 164 Rn 38). Auch sie müssen geeignet sein, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen in Gang zu setzen oder fortdauern zu lassen. In beiden Tatvarianten ist in subjektiver Hinsicht vorausgesetzt, dass der Täter Kenntnis von der Unwahrheit seiner Behauptung und zudem die Absicht hat oder sicher weiß, dass diese Behauptung ein behördliches Verfahren auslöst oder fortdauern lässt (MüKo/Zopfs § 164 Rn 43). Eine fahrlässige falsche Verdächtigung ist nicht strafbar.
AG München, Urt. v. 14.7.2016 – 421 C 23576/15, juris: Erstattet der Mieter eine Strafanzeige gegen den Vermieter wegen Beleidigung und Bedrohung, rechtfertigt dies eine außerordentliche fristlose Kündigung nach §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB ohne vorherige Abmahnung, wenn der Vermieter in der mündlichen Verhandlung beweisen kann, dass die vom Mieter behaupteten Straftaten nicht stattgefunden haben.
LG München I, Urt. v. 4.4.2017 – 14 S 284/17, ZMR 2017, 484 ff.: Ob die Erstattung einer Strafanzeige einen schwerwiegenden Verstoß gegen die mietvertraglichen Pflichten darstellt, der eine außerordentliche Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB rechtfertigt, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Eine außerordentliche Kündigung ist insb. dann gerechtfertigt, wenn die Strafanzeige als leichtfertig und unangemessen zu bewerten ist. Da sich die Hintergründe der Strafanzeige regelmäßig der Kenntnis des Vermieters entziehen, hat dieser hinsichtlich des Nachweises des Kündigungsgrunds lediglich darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Mieter die Strafanzeige erstattet hat. Der Mieter hat sodann darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Vermieter die angezeigte Tat entweder tatsächlich begangen hat oder die Strafanzeige jedenfalls in Wahrnehmung berechtigter Interessen erstattet wurde.