1. Of Counsel
In seinem Beschluss vom 22.7.2020 (Az. AnwZ [Brfg] 3/20, ZAP EN-Nr. 513/2020; hierzu Markworth AnwBl Online 2020, 493 ff.) hat der Anwaltssenat erstmalig umfassend zur Zulässigkeit einer Zusammenarbeit von Anwälten mit einem sog. Of Counsel-Stellung genommen. Der Niedersächsische AGH hatte in der Vorinstanz die Klage eines Anwalts (Gesellschafter einer PartG mbB) gegen eine ihm erteilte missbilligende Belehrung wegen eines Verstoßes gegen § 59a BRAO aufgrund einer berufsrechtswidrigen gemeinschaftlichen Berufsausübung mit einem Of Counsel abgewiesen. Der BGH hat die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil abgelehnt. Hintergrund ist, dass § 59a BRAO – anders als man meinen könnte – nicht nur gesellschaftsrechtliche Zusammenschlüsse mit nicht-sozietätsfähigen Personen verbietet, sondern einen weiteren Anwendungsbereich hat. Im von ihm zu entscheidenden Fall leitete der Anwaltssenat einen Verstoß gegen § 59a BRAO nicht aus der für die Zusammenarbeit gewählten Bezeichnung „Of Counsel” ab, sondern stellte zu Recht auf ihren tatsächlich gelebten Inhalt ab. Anwälte dürften sich mit nicht-sozietätsfähigen Personen, nicht in einer Weise zusammentun, dass die Schwelle einer „bloße[n] Zuarbeit” überschritten werde und verstetigt eine verantwortliche, weisungsunabhängige Mitwirkung an der juristischen Mandatsbearbeitung mit Außenwirkung erfolge. Auch in Zukunft ist von einem Verstoß gegen § 59a BRAO (und auch gegen § 3 RDG) insb. aber dann nicht auszugehen, wenn sich ein nichtanwaltlicher Of Counsel „auf die bloße Zuarbeit” im Innenverhältnis beschränkt. Es geht dem BGH allein darum, die „Rechtsberatung nach außen” zu unterbinden oder mit anderen Worten die „originäre [...] Bearbeitung wesentlicher Teile eines Mandats”. Dies wird auch nach einer künftigen Reform des anwaltlichen Gesellschaftsrechts Bestand haben.
2. Postulationsfähigkeit im Verwaltungsprozess
Bei der Partnerschaftsgesellschaft handelt es sich um eine besondere Gesellschaftsform, die den Angehörigen der Freien Berufe zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zur Verfügung steht. Das Gesetz zählt in § 1 Abs. 2 S. 2 PartGG eine Reihe an Freien Berufen, welche die PartG nutzen dürfen, explizit auf (Katalogberufe). Genannt werden insb. die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer (vgl. § 3 Nr. 1 StBerG). Dies wirft die Frage auf, inwiefern eine Partnerschaftsgesellschaft, welche in das Partnerschaftsregister eingetragen wurde, ohne dass ihr Gesellschafterkreis nur aus unter § 1 PartGG fallenden Personen besteht, gem. § 7 Abs. 4 S. 1 PartGG postulationsfähig sein kann. Insbesondere ist unklar, inwiefern die Beteiligung von Anwälten aus dem europäischen Ausland – die nicht als europäische Rechtsanwälte gem. § 2 Abs. 1 EuRAG in eine nationale Anwaltskammer aufgenommen wurden – der Postulationsfähigkeit entgegensteht. Gegen eine solche Einschränkung ließen sich die Niederlassungs- (Art. 49 AEUV) und Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) vorbringen. Das OVG Münster konnte diese Frage nunmehr in einem Beschluss – zu Recht – weiterhin offenlassen (Beschl. v. 19.5.2020 – 14 B 435/20). Denn eine wirksame rechtliche Vertretung setzt jedenfalls darüber hinaus voraus, dass die PartG durch eine vor dem Streitgericht zugelassene Person handelt. Dies war im Hinblick auf die beim OVG anhängig gewordene Beschwerde, die ein als staatlich geprüfter Betriebswirt, Belastingsadviseur (NL) und Advocate (GB) zugelassener Vertreter erhoben hatte, aber gerade nicht der Fall. Das OVG durfte sie daher als unzulässig verwerfen.
Endgültige Klarheit soll nunmehr im Zuge der großen BRAO-Reform (dazu II. 2.) geschaffen werden. Der RefE schägt vor, § 1 Abs. 2 PartGG dahingehend abzuändern, dass i.R.d. beispielhaften Aufzählung Freier Berufe in Satz 2 künftig nicht mehr die „Mitglieder der Rechtsanwaltskammern” genannt werden, sondern von Rechtsanwälten die Rede ist. Hierdurch soll klargestellt werden, dass § 1 Abs. 2 PartGG nicht auf Kammermitglieder beschränkt ist und eine Partnerschaftsgesellschaft auch mit Rechtsanwälten aus anderen Staaten möglich ist, sofern der Zusammenschluss die Anforderungen des Berufsrechts erfüllt. Weiterhin muss die PartG vor Gericht aber durch eine zugelassene Person handeln. Dies soll künftig in § 59l BRAO-E für alle Berufsausübungsgesellschaften einheitlich geregelt werden.