Die Europäische Kommission hat Ende Mai das sechste EU-Justizbarometer veröffentlicht. Es gibt regelmäßig einen vergleichenden Überblick über die Effizienz, Qualität und von der Öffentlichkeit wahrgenommene Unabhängigkeit der Justizsysteme der EU-Mitgliedstaaten.
Besonderes Gewicht legt die diesjährige Ausgabe auf die Unabhängigkeit der Justiz, da sie für die Beurteilung der Rechtsstaatlichkeit ausschlaggebend ist. "Die sechste Ausgabe des EU-Justizbarometers erscheint zu einem Zeitpunkt, an dem der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit ein besonders hoher Stellenwert in der EU zukommt. Ohne Rechtstaatlichkeit sind die Demokratie, die Bürgerrechte und die solide Verwaltung der EU-Mittel gefährdet", erklärte die Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, Vera Jourová, bei der Vorstellung des Berichts. Zum ersten Mal enthält das Barometer Angaben zur Länge der Gerichtsverfahren in allen Instanzen. Neu sind auch ein Überblick über die Organisation der Staatsanwaltschaft in den einzelnen Mitgliedstaaten und über die Verwendung von Strukturfonds für Justizreformen sowie Daten zum Zugang zur Justiz für bestimmte Gruppen (z.B. Kinder, Personen mit Sehbehinderung, Nicht-Muttersprachler).
Deutschland schneidet nach Auffassung der EU-Kommission auch diesmal bei den meisten Indikatoren gut ab. Als sehr gut bewertet werden etwa – wie auch im Vorjahr – die Anreize zur Nutzung von alternativen Streitbeilegungsmechanismen und die Zahl der auf der Online-Streitbeilegungsplattform der Kommission eingegangenen Verbraucherbeschwerden. Bei der Dauer der Gerichtsverfahren liegt Deutschland dagegen weiterhin nur im Mittelfeld. So wurden für das Jahr 2016 in zivil- und handelsrechtlichen Streitigkeiten eine durchschnittliche Dauer von 196 Tagen in der ersten und 245 Tagen in der zweiten Instanz ermittelt. Ähnlich liegt es bei der Verwaltungsgerichtbarkeit, wo für die erste Instanz 375 Tage und für die zweite Instanz 452 Tage ermittelt wurden, bei allerdings erstaunlich zügigen 172 Tagen in der dritten Instanz.
Verbesserungsbedarf sieht der Bericht für Deutschland weiterhin bei der Quote der weiblichen Richter an Bundesgerichten. Diese liege mit 32 % unter dem europäischen Durchschnitt von circa 37 %. Auch bei der elektronischen Kommunikation zwischen Rechtsanwälten und Gerichten wird Deutschland noch Nachholbedarf bescheinigt.
[Quelle: EU-Kommission]