Unter dem Vorsitz des Landes Thüringen fand am 6. und 7. Juni die diesjährige Frühjahrsjustizministerkonferenz in Eisenach statt. Schwerpunktmäßig ging es um Fragen der inneren Sicherheit und des Strafrechts, aber auch im Prozessrecht sehen die Ressortchefs noch einigen Reformbedarf. Nachstehend sind die wichtigsten Beschlüsse kurz wiedergegeben:
- Online-Durchsuchung und Betretungsrecht
Die Installation des sog. Staatstrojaners auf den PCs Verdächtiger aus der Ferne bereitet offenbar mehr Probleme als gedacht. Die Justizminister wünschen sich daher für die Strafverfolgungsorgane ein "Betretungsrecht" für die Wohnungen Betroffener, um dort die Spionagesoftware direkt installieren zu können. Die Machbarkeit soll nun das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) klären. Kritiker bemängeln allerdings, dass ein solches polizeiliches "Einbruchsrecht" bereits zu Zeiten des früheren Innenministers Schäuble an verfassungsrechtlichen Hürden gescheitert ist.
- Bekämpfung von Kinderpornografie
Zur Bekämpfung von Kinderpornografie im sog. Darknet sollen verdeckte Ermittler nach Vorstellung der Minister selbst die Befugnis erhalten, entsprechendes Material in die Darknet-Foren hochzuladen. Vor dem Hintergrund, dass der Staat allerdings nicht selbst Straftatbestände verwirklichen darf, soll das BMJV nun die Machbarkeit einer solchen Befugnis zur Begehung milieubedingter Straftaten prüfen.
- Versuchsstrafbarkeit bei Terror-Unterstützung
Nach Auffassung der Ressortchefs besteht eine Strafbarkeitslücke beim Tatbestand der Unterstützung terroristischer Vereinigungen, die durch Einführung einer Versuchsstrafbarkeit zu schließen ist.
- Volksverhetzung aus dem Ausland
Handlungsbedarf sehen die Justizminister auch beim Tatbestand der Volksverhetzung, den Deutsche vom Ausland aus begehen, insbesondere mit antisemitischem Hintergrund. Hier soll das Strafrecht ergänzt werden, um solche Taten, die meist über das Internet begangen werden, besser zu erfassen.
- "Geringe Menge" bei Cannabis
Angesichts der bislang uneinheitlichen Handhabung des § 31a BtMG in den einzelnen Bundesländern haben sich die Justizminister jetzt auf die Festlegung einer gemeinsamen Obergrenze von 6 Gramm bei Cannabisprodukten geeinigt.
- Punkteübernahme im Straßenverkehr
Die Ressortchefs sehen es kritisch, dass bei einer wahrheitswidrigen Selbstbezichtigung eines Unbeteiligten der Kraftfahrer, der den Verkehrsverstoß begangen hat, i.d.R. sanktionslos bleibt. Sie wünschen sich im Interesse der Verkehrssicherheit eine abschreckende Sanktionierung solcher Verhaltensweisen, die auch die Verhängung des zunächst vermiedenen Fahrverbots sowie die Bewertung mit Punkten im Fahreignungsregister umfasst.
- Gesichtsverhüllungen im Gerichtsverfahren
Durch eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes wollen die Minister sicherstellen, dass Personen im Gerichtssaal ihr Gesicht während der Gerichtsverhandlung grundsätzlich weder ganz noch teilweise verdecken. Das Verbot soll für alle am Verfahren Beteiligten (insbesondere Parteien, Zeugen, Sachverständige, Rechtsanwälte) gelten.
- Tatsachenklärung durch das BVerwG
Die Justizminister haben sich dafür ausgesprochen, mit einer Änderung des Asylgesetzes eine fallübergreifende Prüfung allgemeiner Tatsachenfragen durch das BVerwG zu ermöglichen. Zur Vermeidung einer zeitraubenden Zurückverweisung soll das BVerwG künftig selbst Tatsachenfragen von grundsätzlicher Bedeutung betreffend die allgemeine Gefahrenlage in einem bestimmten Herkunftsland oder in einem Staat, in den der klagende Ausländer abgeschoben werden soll, prüfen dürfen.
- Online-Verfahren für geringfügige Forderungen
Mit Blick auf die rückläufigen Eingangszahlen in den Zivilverfahren sprechen sich die Justizminister dafür aus, die Verfahrensstrukturen im Bereich der Zivilklagen dahingehend zu untersuchen, ob insbesondere für den Bereich von geringfügigen Forderungen ein neues und kostengünstigeres Online-Verfahren entwickelt werden sollte.
- Sozialversicherungspflicht bei Referendaren in der Anwaltsstation
Die Ressortchefs wollen Konsequenzen aus dem Urteil des BSG vom 31.3.2015 (Az. B 12 R 1/13) zur Sozialversicherungs- und Lohnsteuerpflicht von Zusatzvergütungen der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare in der Anwalts- und Wahlstation ziehen. Sie haben daher die Bitte an ihre Kollegen aus den Sozialressorts gerichtet, den Vorschlag des Deutschen Anwaltvereins (s. dazu ZAP Anwaltsmagazin 6/2018, S. 269) auf seine Umsetzbarkeit hin zu prüfen.
Die vollständigen Beschlüsse der diesjährigen Frühjahrsjustizministerkonferenz können unter www.jm.nrw.de/JM/jumiko/beschluesse/2018/Fruehjahrskonferenz_2018/index.php abgerufen werden.
[Quelle: Justiz NRW]