Am 18. Juni ist die diesjährige Frühjahrskonferenz der Länderjustizminister zu Ende gegangen. Sie fand in Stuttgart unter dem Vorsitz Baden-Württembergs statt und endete mit einer Reihe richtungsweisender Entscheidungen für die weitere rechtspolitische Entwicklung in Deutschland.
So befasste sich die Konferenz u.a. mit der Frage, wie die Gesundheitssorge unter Ehegatten durch die Schaffung eines dritten Instruments neben der Vorsorgevollmacht und der gerichtlichen Betreuung erleichtert werden kann. Viele Ehegatten oder Lebenspartner träfen auch heute noch keine Vorsorge für Situationen, in denen keine Selbstbestimmung mehr möglich sei, hieß es zur Begründung. Diese Versorgungslücke führe bisher häufig dazu, dass ein Betreuungsverfahren durchgeführt werden müsse. Die nun gefundene Alternative eines gesetzlichen Beistands für nicht getrennt lebende Ehegatten und für Lebenspartner werde das aufwändige Betreuungsverfahren in vielen Fällen ersetzen können. Eine nicht unerhebliche Anzahl an Verfahren werde hierdurch überflüssig. Eine Arbeitsgruppe soll das neue Instrument nun konkret ausarbeiten.
Weiterer Gegenstand der Beratungen war die Frage, wie der Verbraucherrechtsschutz verbessert werden kann. Nicht selten, so die Begründung, erleide eine Vielzahl von Verbrauchern Schäden aus demselben tatsächlichen oder rechtlichen Grund, etwa wenn es um Abofallen im Internet oder nicht gewährte Entschädigungen nach Flugverspätungen geht. Das deutsche Prozessrecht biete bislang kein schlagkräftiges Instrument zur Lösung dieser Fälle. Unternehmen vertrauten gerade bei geringen Schäden darauf, dass die Verbraucher Kosten und Aufwand einer Klage scheuten und sich mit dem Schaden abfänden. Die Justizminister sprachen sich deshalb dafür aus, zeitnah den kollektiven Rechtsschutz im deutschen Recht zu stärken, etwa durch die Möglichkeit von Musterklagen.
Ein weiteres Thema der Beratungen war der Umgang mit dem islamistischen Extremismus im Justizvollzug. Aufgeworfen wurde die Frage, ob anfällige Gefangene islamistischer Missionierung unterliegen oder im Strafvollzug gar in die Fänge radikal-islamistischer Netzwerke geraten könnten. Um etwa mit Blick auf mögliche Syrien-Rückkehrer auf künftige Gefahren vorbereitet zu sein, hat die Konferenz den Strafvollzugsausschuss beauftragt, die Notwendigkeit neuer Strategien zu prüfen und wirksame Handlungskonzepte zum Umgang mit Islamisten und Salafisten im Wege eines "Best Practice" zu ermitteln.
Wie schon auf früheren Konferenzen stand auch in diesem Frühjahr wieder der elektronische Rechtsverkehr auf der Agenda. Zwar sind schon seit Oktober 2013 – mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs – die Weichen für die Einführung des verbindlichen elektronischen Rechtsverkehrs bis Januar 2018 gestellt worden. In diesem Jahr lag den Justizministern eine Liste mit weiteren Maßnahmen zur Förderung der Digitalisierung in der Justiz vor. So wird etwa erwogen, ein bundesweites Akteneinsichtsportal im Internet einzurichten sowie die rein elektronische Aktenführung in allen Verfahrensordnungen verbindlich vorzuschreiben. Die Umsetzbarkeit der einzelnen Vorschläge soll nun eine Arbeitsgruppe prüfen.
Des Weiteren verständigten sich die Ressortchefs auf ein verschärftes Vorgehen gegen Stalking und auf eine Initiative zur Bekämpfung der sog. Botnetz-Kriminalität im Internet, die nicht nur Unternehmen, sondern auch lebensnotwendige Infrastrukturen für die Bevölkerung, wie etwa die Strom- und Wasserversorgung, bedroht.
[Quelle: Justizministerium BW]