a) Versicherungsfall?
Viele Kunden haben für eine einzelne Reise oder generell eine Reiseversicherung in Form der Reiserücktrittsversicherung oder auch eine Abbruchversicherung abgeschlossen. Die Frage ist, ob eine solche Versicherung vorliegend überhaupt greift und der Kunde einen Anspruch gegen den Versicherer hat, wenn er von der Reise zurücktreten bzw. diese abbrechen muss.
Erfolgt der Rücktritt aus einem Grund, der in der Person des Reisenden liegt, hat der Reiseveranstalter grds. einen Anspruch auf Entschädigung (§ 651h Abs. 1 S. 3 BGB). Normalerweise setzt ein solcher Versicherungsvertrag voraus, dass der Kunde eine unerwartet schwere Erkrankung erleidet und deswegen an der Reise gehindert ist bzw. diese abbrechen muss. Mit Sicherheit kann man sagen, die Erkrankung an Corona ist eine solche schwere und unerwartete Erkrankung. Der Krankheitsverlauf ist derzeit nicht vorhersehbar und endet bisweilen tödlich. Die Krankheit wurde vereinzelt im Januar 2020 aus China gemeldet, ohne dass zu diesem Zeitpunkt bekannt war, mit was für einer Gefahr es die Menschen hier zu tun haben. Corona war vorher nicht bekannt. Somit läge grds. der Versicherungsfall vor.
b) Risikoausschluss?
Die Frage wird sein, ob der Versicherer diese Art der Erkrankung wirksam aus dem Versicherungsschutz herausgenommen hat oder nicht. Viele Versicherungen verweisen auf ihre Bedingungen, laut derer Pandemie-Erkrankungen nicht versichert sind. Dann käme es also darauf an, wann die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei Corona nicht mehr von Einzelerkrankungen oder einer Epidemie, sondern von einer Pandemie ausgehen musste. Das dürfte der 11.3.2020 gewesen sein. Solange der Reisende vor diesem Zeitpunkt unerwartet und schwer erkrankt ist und seinen Rücktritt aus diesem Grund gegenüber dem Reiseveranstalter erklärt hat, ist davon auszugehen, dass der Versicherer leisten muss. Die Versicherung leistet aber eben nur für den Fall Ersatz an den versicherten Kunden, dass der Reisende bzw. Versicherungsnehmer dem Reiseveranstalter gegenüber zur Zahlung einer Stornoentschädigung wegen Rücktritts verpflichtet ist.
Versicherungsleistungen wegen anderer Krankheiten (Beinbruch, Verletzungen durch einen Unfall etc.) sind im Zweifel vom Versicherer auch während der Corona-Pandemie zu erfüllen, soweit der Reiseveranstalter seine Leistungen erbringen konnte und der Reiserücktritt wegen der Erkrankung erklärt wurde.
Hinweis:
Bei der derzeitigen Lage ist davon auszugehen, dass die Reiserücktrittsversicherungen jeden Antrag genau prüfen werden, der im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gestellt wird.