Darüber hinaus hat sich der Ablauf der Gründung auch nach Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie nicht verändert. Der erste und gleichzeitig beratungsintensivste Schritt ist die Erstellung des Gesellschaftsvertrags. Neben den in § 3 GmbH enthaltenen Mindestangaben zu Firma, Sitz, Geschäftsgegenstand, Stammkapital und Nennbeträgen der Geschäftsanteile ist der Gesellschaftsvertrag der GmbH im Gegensatz zur Satzung der Aktiengesellschaft (§ 23 Abs. 5 AktG) grds. dispositiv, sodass die Gründer sämtliche rechtlich zulässige Vereinbarungen treffen können.
Bei der Angabe des Geschäftsgegenstands ist regelmäßig daran zu denken, dass dieser nicht zu weitgehend formuliert sein darf, da die Rechtsprechung hier eine gewisse Individualisierung sowie eine Erkennbarkeit des Schwerpunkts der Tätigkeit verlangt (BayObLG, Beschl. v. 1.8.1994 – 3Z BR 157/94, BayObLGZ 1994, 224; ausführlich MüKo-GmbHG/Wicke § 3 Rn 14 ff.). Ein Offenhalten des Geschäftszwecks für mögliche zukünftige oder anderweitige Tätigkeiten führt daher regelmäßig zu Zwischenverfügungen des Registergerichts und schlimmstenfalls nicht nur zu einer Verzögerung, sondern zur Ablehnung der Eintragung gem. § 9c Abs. 2 Nr. 1 GmbH.
Darüber hinaus sind Gesellschaftsverträge in der Vergangenheit zunehmend umfassender und komplexer geworden, sodass sich neben üblichen Regelungen zur Vinkulierung der Anteile (§ 15 Abs. 5 GmbHG), den Modalitäten einer eventuellen Einziehung (§ 34 GmbHG) und gesonderten Regelungen für die Ladung, Durchführung und Mehrheitserfordernisse der Gesellschafterversammlung zunehmend auch Exit-Szenarien vorausgedacht werden und Mitverkaufsrechte und Mitverkaufspflichten (sog. Tag-along- und Drag-along-Klauseln) in den Gesellschaftsvertrag mit aufgenommen werden. Hinzu kommen insb. im Bereich der Gründung von Start-up-Unternehmen sog. Vesting-Klauseln, mit denen z.B. im Interesse von Frühphaseninvestoren gesichert werden soll, dass die für die Gesellschaft tätigen Gründer ihre Arbeitskraft für einen gewissen Zeitraum nach der Gründung vollständig der Gesellschaft zur Verfügung stellen.
Aufgrund des Umfangs der möglichen Regelungen und der Publizität des Gesellschaftsvertrags im Handelsregisters ist die Praxis nach entsprechender Billigung durch den BGH (Urt. v. 15.10.2007 – II ZR 216/06, NZG 2008, 73; Beschl. v. 15.3.2010 – II ZR 4/09, NZG 2010, 988) dazu übergegangen, Regelungen zwischen den Gesellschaftern in teilweise umfangreichen Beteiligungsvereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrags zu treffen (Überblick über mögliche Regelungskomplexe bei Thelen, RNotZ 2020, 121). Hierbei ist zu beachten, dass auch Beteiligungsvereinbarungen der notariellen Beurkundung bedürfen, wenn diese die Verpflichtung zur Übertragung von Geschäftsanteilen enthält (§ 15 GmbHG).
Der Berater sollte die Gründer bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags also nicht nur umfassend zu deren Zielen befragen, sondern diese auch proaktiv über die vielfältigen Regelungsmöglichkeiten aufklären.