Die Hilfeleistung bei Selbsttötungen wird in Deutschland vorerst weiterhin nicht gesetzlich geregelt sein. Im Bundestag scheiterten Anfang Juli die beiden zuletzt noch im parlamentarischen Verfahren befindlichen Gesetzentwürfe zur Neuregelung. Eine große Mehrheit der Abgeordneten sprach sich aber für die Stärkung der Suizidprävention aus.
Eine gesetzliche Regulierung der Sterbehilfe war notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2020 das strafrechtliche Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gekippt hatte. Nach Auffassung der Verfassungsrichter umfasst das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch die Möglichkeit, Hilfe beim Suizid in Anspruch zu nehmen. Damit ist seither die geschäftsmäßige, d.h. eine organisierte und auf Dauer angelegte, Beihilfe ebenso wie der Suizid selbst in Deutschland grds. legal. Das Gericht legte dem Gesetzgeber jedoch nahe, die Voraussetzungen für die Sterbehilfe per Gesetz zu regulieren (vgl. ZAP 2020, 282).
Seither wurden zahlreiche Vorschläge für eine Regulierung der Sterbehilfe gemacht. Sie reichten von der Etablierung sog. prozeduraler Sicherungsmaßnahmen wie etwa Aufklärungs- und Beratungsvorgaben, über Erlaubnisvorbehalte bis hin zu Verboten bestimmter Hilfestellungen (vgl. ZAP 2020, 889). Von den vielen Vorschlägen waren zuletzt noch zwei Entwürfe übriggeblieben:
Der erste Entwurf – vorgeschlagen von einer fraktionsübergreifenden Parlamentariergruppe um den Abgeordneten Lars Castellucci – sah vor, dass die Sterbehilfe zwar weiterhin strafbar sein sollte, unter engen Voraussetzungen allerdings straffrei bleiben sollte – u.a. nach einer mehrfachen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Begutachtung sowie erst nach einer ärztlichen Beratung und der Einhaltung einer Wartezeit. So sollte ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung der Sterbewilligen etwa durch eine psychische Erkrankung beeinflusst wird. Ein zweiter, ebenfalls fraktionsübergreifender, Gesetzentwurf war weitaus weniger restriktiv. Er sah vor, das Recht auf Sterbehilfe grds. aus dem Strafrecht herauszunehmen und baute auf ein breitgefächertes Beratungsnetz.
Keiner dieser beiden Entwürfe konnte bei der Abstimmung im Bundestag eine Mehrheit der Abgeordneten erreichen. Gegen den ersten Vorschlag stimmten 363 Parlamentarier, gegen den zweiten sogar 375; zugestimmt hatten nur 304 bzw. 287 Abgeordnete. Damit geht nun – nach rd. drei Jahren intensiver Diskussion – das Ringen um eine Regulierung der Hilfestellung beim Suizid vorerst weiter. Die Abstimmung darüber im Parlament gilt als Gewissensentscheidung – einen Fraktionszwang soll es bei diesem Thema nicht geben.
[Red.]