Kreative, individuelle oder von Hand hergestellte Waren werden z.B. über Handelsplattformen wie Dawanda und Etsy, aber auch in diversen eigenen Shops, angeboten und vertrieben. Häufig entsteht dabei die Frage, ob den Verbrauchern auch für Produkte wie z.B. handgemachte Kunstartikel, selbst genähte Bekleidungsstücke, Eigenfertigungen von Schmuckstücken oder die nach eigenen Rezepten hergestellte Kosmetika ein gesetzliches Widerrufsrecht zusteht. Das Gesetz schützt die individuellen oder künstlerischen Angebote nur unter engen Voraussetzungen. Nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB besteht ein Widerrufsrecht nicht für "Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind". Zur ersten vorgenannten Alternative: Eine vom Verbraucher, also vom Kunden als Besteller, vorab mitgeteilte individuelle Auswahl oder Bestimmung der Gestaltung o.Ä. wird bei den Angeboten in Webshops häufig nicht vorliegen. Ob es sich beim Einsatz von Auswahlmenüs um eine solche vorab mitgeteilte individuelle Auswahl handelt, ist fraglich. Das AG Siegburg (Urt. v. 25.9.2014 – 115 C 10/14) hatte einen Ausschluss des Widerrufsrechts bei Bestellung eines Möbelstücks angenommen, bei dem der Kunde unter 50 Stoff-Varianten wählen konnte und eine bestimmte Armlehnenposition gewünscht hatte. A.A. – kein Ausschluss des Widerrufsrechts – war das AG Dortmund (Urt. v. 28.4.2015 – 425 C 1013/15) bei einem Sofort-Kaufen-Angebot für eine Couch, die nach Auswahl-Menü mit 17 verschiedenen Farben und 578 verschiedenen Kombinationen geliefert werden konnte (zur gegenteiligen Ansicht bei sehr ähnlichem Sachverhalt: LG Düsseldorf, Urt. v. 12.2.2014 – 23 S 111/13). Wo die Grenze genau zu ziehen ist, stellt sich als schwierig dar, da grundsätzlich die Zusammensetzung nach dem "Baukastensystem" den Widerruf nicht ausschließt (BGH, Urt. v. 19.3.2003 – VIII ZR 295/01). Was unter der zweiten Alternative "eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten" zu verstehen ist, kann ebenfalls nicht eindeutig beantwortet werden. Verlässliche Rechtsprechung ist dazu nicht bekannt. Man kann aber davon ausgehen, dass zugunsten des Verbrauchers auch insofern nur sehr zurückhaltend von diesem Ausschlussgrund für das Widerrufsrecht Gebrauch gemacht werden kann. Im Zweifel wird man von einem konkreten persönlichen Bedürfnis eines bestimmten Verbrauchers oder einer bestimmten Verbrauchergruppe ausgehen müssen. In die Wertung wird möglicherweise auch mit einfließen, dass die Rücknahme wegen des persönlichen Zuschnittes zu einer Situation führt, in der für den Unternehmer die Rücknahme nicht mehr zumutbar ist. Tipp: Angesichts dieser Wertungsmöglichkeiten und der rechtlichen Ungewissheit kann nur empfohlen werden, für diejenigen Artikel, die nicht aufgrund vorheriger Kontakte mit dem konkreten Käufer hergestellt worden sind, über das Widerrufsrecht zu belehren. Das Risiko, sich auf den Ausschlussgrund gem. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB zu berufen, kann sich in einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung mit hohem Kostenrisiko auswirken.