Bemerkt der Antragsteller sein Versehen, eine oder mehrere Kostenpositionen noch nicht zum Gegenstand seines Kostenfestsetzungsantrags gemacht zu haben, zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kostenfestsetzungsbeschluss bereits rechtkräftig ist, ist Folgendes zu beachten:
Die materielle Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses steht einer erneuten Kostenfestsetzung entgegen, soweit derselbe Streitgegenstand betroffen ist (BGH RVGreport 2011, 309 [Hansens]; BGH BRAGOreport 2003, 57 [ders.] = JurBüro 2003, 260). Versehentlich in einem ersten Kostenfestsetzungsverfahren nicht geltend gemachte Posten sind demgegenüber der Nachliquidation zugänglich (BVerfG NJW 1995, 1886; BGH NJW 2009, 3104; FamRZ 2011, 1222; BGH RVGreport 2011,28 [Hansens] = zfs 2011, 101 m. Anm. Hansens = AGS 2010, 580 m. zust. Anm. N. Schneider; OLG München MDR 2003, 55; OLG Düsseldorf AGS 2006, 201; OLG Stuttgart RVGreport 2009, 312 [Hansens]; OLG Celle AGS 2010, 582 m. zust. Anm. N. Schneider; LG Trier JurBüro 2012, 250; Zöller/Herget,> ZPO, 32. Aufl. 2018, § 104 Rn 21 „Nachliquidation“ m.w.N.).
Ob ein solcher Fall vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Hat der Erstattungsberechtigte in seinem ersten Kostenfestsetzungsantrag erkennbar seinen gesamten Erstattungsanspruch geltend gemacht, gibt er damit zu erkennen, dass er eben diesen ganzen Anspruch und nicht nur einen Teil davon festgesetzt haben will. In einem solchen Fall sollte kein Rest zurückgestellt werden, der einer Nachforderung und damit einer Nachfestsetzung zugänglich gewesen wäre. Über diesen Anspruch hat dann der Rechtspfleger rechtskräftig entschieden (so BGH RVGreport 2011, 309 [Hansens]).
a) Nachfestsetzung unzulässig
Damit ist eine Nachfestsetzung in folgenden Fällen unzulässig:
- Die erstattungsberechtigte Partei stellt nach gesetzlicher Änderung der Zinshöhe einen Antrag auf Ergänzung der Verzinsung des Erstattungsbetrags (so BGH BRAGOreport 2003, 57 [Hansens] = NJW 2003, 1462 = JurBüro 2003, 260).
- Der Nachfestsetzungsantrag wird auf einen höheren Gegenstandswert gestützt als im ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag zugrunde gelegt. In dem vom BGH (RVGreport 2011, 309 [Hansens] = AGS 2011, 566 m. Anm. N. Schneider) entschiedenen Fall wurde unter Ansatz eines weit höheren Gegenstandswerts als in dem beschiedenen Kostenfestsetzungsantrag eine um rund 90.000 EUR höhere Verfahrensgebühr geltend gemacht. Wird also versehentlich ein zu niedriger Gegenstandswert angesetzt, so kann dies nach Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses im Regelfall nicht durch einen Nachfestsetzungsantrag korrigiert werden.
- Eine Nachfestsetzung ist auch dann unzulässig, wenn die erstattungsberechtigte Partei in ihrem Kostenfestsetzungsantrag irrtümlich von der Geltung des alten Gebührenrechts ausgegangen ist (a.A. OLG Köln RVGreport 2016, 380 [Hansens] = zfs 2016, 588 m. Anm. Hansens = AGS 2016, 473). Mit einem Nachfestsetzungsantrag kann dann nicht mehr die sich aus dem neuen Gebührenrecht ergebende Gebührendifferenz geltend gemacht werden. Auch hier steht die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses der Nachfestsetzung entgegen (BGH RVGreport 2011, 309 [Hansens] = AGS 2011, 566 für die Nachliqidation nach einem höheren Gegenstandswert; a.A. OLG Hamburg MDR 1979, 235).
b) Nachfestsetzung zulässig
Demgegenüber wird trotz der eingetretenen Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses die Nachfestsetzung in folgenden Fallgestaltungen für zulässig erachtet:
- Es wird die Nachfestsetzung einer Erörterungsgebühr nach antragsgemäßer Festsetzung der Prozess- und der Vergleichsgebühr beantragt (so KG Rpfleger 1976, 366). Dies gilt auch für andere „vergessene“ Gebühren wie etwa die Einigungsgebühr.
- Der Anwalt des Antragstellers hat in dem Kostenfestsetzungsantrag zunächst nur die 0,5 Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG geltend gemacht und erst nach Rechtskraft des hieraufhin antragsgemäß ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses bemerkt, dass er in dem Verhandlungstermin die Sache einseitig mit dem Richter erörtert hatte. Die Differenz zwischen der bereits festgesetzten 0,5 Terminsgebühr und der nach Nr. 3104 VV RVG tatsächlich angefallenen 1,2 Terminsgebühr kann im Wege der Nachfestsetzung geltend gemacht werden (s. OLG Frankfurt RVGreport 2017, 383 [Hansens]).
- Die erstattungsberechtigte Partei beantragt die Nachfestsetzung der auf die Gebühren und Auslagen entfallenen Umsatzsteuer, deren Festsetzung sie zuvor wegen vermeintlicher Vorsteuerabzugsberechtigung nicht beantragt hatte (OLG Stuttgart RVGreport 2009, 312 [Hansens]; OLG Düsseldorf AGS 2006, 201; OLG Naumburg RVGreport 2014, 242 [Hansens]).
- Es wird die Nachfestsetzung des Anrechnungsbetrags der Geschäftsgebühr beantragt, sofern im Kostenfestsetzungsverfahren zunächst nur die um den Anrechnungsbetrag verminderte Verfahrensgebühr geltend gemacht wurde (so BGH RVGreport 2011, 28 [Hansens] unter Aufhebung von OLG Dresden RVGreport 2010, 193 [ders.]; OLG Köln RVGreport 2009, 354 [ders.]). Die Nachfestsetzung ist in einem solchen Fall jedoch dann nicht zulässig, wenn der Rechtspfleger vor Einführung de...