Die "Nationale Stelle zur Verhütung von Folter" kritisiert Verletzungen der Menschenwürde in Deutschland. In ihrem im Juli vorgelegten Jahresbericht für 2022 (in Form einer Unterrichtung des Bundestags, vgl. BT-Drucks 20/7660) beanstandet sie Menschenrechtsverletzungen bei Abschiebungen sowie im Straf- und im Maßregelvollzug.
Die "Nationale Stelle zur Verhütung von Folter" ist Deutschlands Einrichtung für die Wahrung menschenwürdiger Unterbringung und Behandlung im Freiheitsentzug. Sie basiert auf dem Zusatzprotokoll zur Antifolterkonvention der Vereinten Nationen. Sie hat ihre hauptamtliche Geschäftsstelle in Wiesbaden und ist organisatorisch der Kriminologischen Zentralstelle e.V. angegliedert.
Wie es in dem aktuellen Bericht heißt, haben Vertreter der Nationalen Stelle im Berichtszeitraum 66 Einrichtungen besucht und vier Abschiebungen begleitet. Hierbei hätten sie Einschränkungen in der Ausübung von Menschenrechten und auch Verletzungen der in Art. 1 GG geschützten Menschenwürde festgestellt. Als besonders kritische Feststellungen hält der Bericht mehrere "gravierende Situationen" fest, die nach Auffassung der Autoren eine eklatante Verletzung der Menschenwürde darstellen. So sehen diese u.a. den Umgang mit Abschiebungen von Familien kritisch. Moniert wird in dem Jahresbericht beispielsweise, dass die Betroffenen meistens zu Nachtzeiten abgeholt würden, unabhängig davon, ob Kinder oder andere vulnerable Personen von der Maßnahme betroffen seien.
Auch die Situation in Haftanstalten wird in dem Bericht problematisiert. So berichtet die Stelle etwa, dass es in einer besuchten Justizvollzugsanstalt besonders gesicherte Hafträume gebe, die einem "Glaskäfig" gleichen. Um miteinander kommunizieren zu können, müssten die dort untergebrachten Häftlinge liegend oder kniend durch die Kostklappe sprechen, die auf Fußbodenhöhe angebracht sei, und durch die auch die täglichen Essensrationen gereicht würden. Diese Bedingungen führten zu einer erniedrigenden Situation für die betroffenen Gefangenen und zu einer menschenunwürdigen Unterbringung, heißt es im Bericht. Kritisch angemerkt wird auch der Umgang mit Toiletten in Hafträumen. In Haftanstalten gebe es weiterhin Doppelhafträume ohne abgetrennte Toiletten. In einer solchen Situation werde die Menschenwürde verletzt, heißt es in dem Bericht.
Wie schon im Vorjahr bilden die Zustände im Maßregelvollzug den Schwerpunkt des diesjährigen Berichts. Hier wurde v.a. kritisiert, dass die Patienten wegen Überbelegung der Einrichtungen teilweise im Justizvollzug untergebracht werden müssen. Dort könne die "unerlässliche psychiatrische Betreuung" aber nicht oder nur ungenügend geleistet werden, heißt es im Bericht. Hingewiesen wurde auf Strafgefangene, deren Zustand sich aufgrund mangelnder psychiatrischer Versorgung weiter verschlechtert hatte. Zu den "besonders kritischen Feststellungen" mit Bezug zum Maßregelvollzug gehört auch die Mehrfachbelegung der Patientenzimmer. Selbst bei ausreichender Raumgröße sei eine Belegung "mit drei und mehr psychisch oder suchtkranken Personen problematisch". Kritisch wird zudem angemerkt, dass in einigen Kriseninterventionsräumen in Einrichtungen des Maßregelvollzugs keine sanitären Anlagen vorhanden seien, der Gang zur Toilette regelmäßig nicht ermöglicht werde und die Verrichtung der Notdurft in einem Steckbecken durch Überwachungskameras gefilmt werde.
Ferner wird kritisch angemerkt, dass die landesgesetzlichen Regelungen zu Fixierungen im Maßregelvollzug im Saarland, in Niedersachsen, Berlin und Sachsen-Anhalt nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechen würden.
[Quelle: Bundestag]