Die Entschädigung für zu Unrecht erlittene Haft wurde erst 2020 von 25 EUR pro Tag auf 75 EUR angehoben. Nun soll sie erneut steigen: Im Juli hat Bundesjustizminister Buschmann einen Gesetzentwurf zur Reform der Haftentschädigung in die Ressortabstimmung gegeben, wonach die Entschädigungspauschale weiter steigen soll, bei längerer Haft sogar deutlich.
Wer zu Unrecht in Haft war, dem steht nach § 7 Abs. 3 StrEG eine finanzielle Entschädigung zu. Der Pauschalbetrag von zurzeit 75 EUR soll nach Vorstellung des BMJ demnächst auf 100 EUR pro Hafttag steigen. Des Weiteren sieht der BMJ-Entwurf vor, dass ab einer Haftdauer von mindestens sechs Monaten ein Entschädigungsbetrag von 200 EUR pro Tag fällig ist; damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Auswirkungen des Freiheitsentzugs und die daraus folgenden psychischen Belastungen mit zunehmender Haftdauer anwachsen.
Neben dieser Erhöhung der Entschädigungssätze sieht die Novelle einen erleichterten Zugang zu anwaltlicher Beratung vor. So soll es einen Anspruch auf eine kostenlose Erstberatung geben, um zu verhindern, dass Betroffene, etwa aus Sorge vor einer hohen Anwaltsrechnung, ihre Rechte im Entschädigungsverfahren nicht wahrnehmen. Eine Verbesserung für Betroffene ist auch beim Ersatz erlittener Vermögensschäden gem. § 7 Abs. 2 StrEG geplant. Es soll klargestellt werden, dass der Schadensersatzanspruch von Betroffenen für Vermögensschäden nicht deshalb schrumpft, weil ihnen ersparte Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung angerechnet werden.
Geleistet wird die Haftentschädigung von den Bundesländern, auf die mit der Novelle künftig höhere Kosten zukommen. Dennoch erwartet das BMJ keinen Widerstand aus den Ländern; diese seien im Vorfeld zu den Eckpunkten des Vorhabens eingebunden worden, hieß es aus dem Ministerium. Daher rechne man mit einem schnellen Gesetzgebungsverfahren.
Der Deutsche Anwaltverein hat die geplante Anhebung der Haftentschädigung begrüßt; diese habe man bereits seit mehr als zehn Jahren eingefordert, hieß es seitens des Vereins. Das Vorhaben des Bundesjustizministeriums sei deshalb jetzt ein „wichtiger und richtiger Schritt”. Positiv zu werten sei auch der geplante Wegfall der bisher praktizierten Anrechnung von Kost und Logis; dies habe im Kontext einer unrechtmäßigen Inhaftierung immer besonders zynisch gewirkt, meint der DAV. Er fordert aber noch weitergehende Schritte, insb. eine praktische Unterstützung von zu Unrecht Inhaftierten nach der Entlassung. Rechtmäßig Inhaftierte hätten nach ihrer Entlassung oft die Bewährungshilfe zur Unterstützung, unschuldig Inhaftierte hätten hingegen keine Hilfe, etwa bei der Beschaffung einer Wohnung oder einer Beschäftigung. Auch schlägt der DAV die Einrichtung einer Ombudsstelle bei den Justizministerien der Länder vor.
[Quellen: BMJ/DAV]