Ab Zustellung des Scheidungsantrags besteht der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt gem. § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB, der die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit abdeckt.
Bis zum Ende der Ehezeit nimmt auch der getrennt lebende Ehegatte durch den Versorgungsausgleich noch an den Anwartschaften des anderen Ehegatten teil. Mit dem Altersvorsorgeunterhalt ist der nur eingeschränkt berufstätige Ehegatte so zu stellen, als betreibe er ohne die Erwerbseinschränkung eine gesetzliche Altersvorsorge bei Vollzeittätigkeit (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.12.2013 – II-1 UF 180/13, 1 UF 180/13, vgl. Finke FamFR 2013, 1).
Es besteht jedoch kein Anspruch des Verpflichteten darauf, dass der Altersvorsorgeunterhalt in eine zu benennende Rentenversicherung oder in eine anerkannte Lebensversicherung einzuzahlen ist (OLG Frankfurt, Urt. v. 21.7.2010 – 2 UF 63/10; vgl. Finke FamFR 2013, 1). Es obliegt der freien Disposition des Unterhaltsschuldners, auf welche Weise er für sein Alter vorsorgt (BGH NJW 2006, 3344 = FamRZ 2006, 1511 m. Anm. Klinkhammer; vgl. auch BGH NJW 2007, 144 = FamRZ 2007, 117). Jede Art von langfristiger, der Alterssicherung dienender Geldanlage ist anzuerkennen. Das gilt für den Erwerb von Immobilien, Wertpapieren oder Fondsbeteiligungen ebenso wie für Lebensversicherungen. Jedoch werden fiktive Abzüge nicht anerkannt, lediglich tatsächlich erbrachte Aufwendungen sind abzuziehen (BGH, Beschl. v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14 m.w.N.).
Bedeutung hat dies auch für eine spätere Geltendmachung ehebedingter Nachteile im Rahmen des § 1578b BGB. Zwar werden Nachteile im Hinblick auf die Altersversorgung, die während der Ehe entstanden sind, i.d.R. durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen und haben unterhaltsrechtlich keine Bedeutung (BGH, Urt. v. 16.4.2008 – XII ZR 107/06, FamRZ 2008, 1325 Rn 43; Urt. v. 25.6.2008 – XII ZR 109/07, FamRZ 2008, 1508, Rn 25; Urt. v. 6.10.2010 – XII ZR 202/08, FamRZ 2010, 1971; Urt. v. 4.8.2010 – XII ZR 7/09, FamRZ 2010, 1633; Urt. v. 2.3.2011 – XII ZR 44/09, FamRZ 2011, 713).
Etwas anderes gilt für Nachteile in der Versorgungsbilanz, die zwar ihre Ursache im Zeitraum der Ehe haben, aber sich erst danach auswirken z.B. durch ein – auch nach dem Ende der Ehe – weiterhin niedrigeres Einkommen. Diese ehebedingten Nachteile werden nicht vom Versorgungsausgleich erfasst und sind dann relevant bei der Billigkeitsabwägung gem. § 1578b Abs. 2 BGB und sind vom unterhaltspflichtigen Ehegatten ggf. zu ersetzen (BGH FamRZ 2013, 109 m. Anm. Finke = NJW 2013, 161; OLG Celle, Urt. v. 8.8.2008 – 21 UF 65/08, FamRZ 2009, 1161).
Allerdings können diese Nachteile dadurch ausgeglichen werden, wenn der benachteiligte Ehegatte für diese Zeiträume Altersvorsorgeunterhalt bezieht (BGH FamRZ 2013, 109 m. Anm. Finke = NJW 2013, 161) oder geltend macht (BGH FamRZ 2013, 109 m. Anm. Finke = NJW 2013, 161). Wird kein Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht, scheidet eine Berufung auf diese Nachteile aus (BGH NJW 2014, 1302 = FamRZ 2014, 823).
Praxishinweise:
- In der anwaltlichen Praxis muss verstärkt auch auf die Durchsetzung von Altersvorsorgeunterhalt geachtet werden. Hier lauert eine Haftungsfalle! Der Anwalt des Unterhaltsberechtigten macht sich regresspflichtig, wenn dieser nicht auf die Möglichkeit der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt hingewiesen wird (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.6.2009 – I-24 U 133/08, FamRZ 2010, 73).
- Rückwirkend kann Altersvorsorgeunterhalt nur verlangt werden, wenn der Unterhaltspflichtige in Verzug gesetzt worden ist. Es reicht aber aus, dass vom Unterhaltspflichtigen Auskunft mit dem Ziel der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs begehrt worden ist (BGH, Beschl. v. 7.11.2012 – XII ZB 229/11, FamRZ 2013, 109 = NJW 2013, 161; Urt. v. 22.11.2006 – XII ZR 24/04, FamRZ 2007, 193, 196; KG, Beschl. v. 19.7.2013 – 13 UF 56/13).
- Eine gesonderte Auskunftsaufforderung bezogen auf Altersvorsorgeunterhalt ist nicht erforderlich. Wird allerdings der Anspruch beziffert, ist eine rückwirkende Nachforderung i.d.R. ausgeschlossen (BGH, Beschl. v. 19.11.2014 – XII ZB 478/13, FamRZ 2015, 309 = NJW 2015, 334; Beschl. v. 7.11.2012 – XII ZB 229/11, FamRZ 2013, 109 m. Anm. Finke = NJW 2013, 161; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.1.2014, 6 WF 7/14). Eine Nachforderung ist insbesondere dann ausgeschlossen, wenn im vorangegangenen Leistungsverfahren vergessen worden ist, Vorsorgeunterhalt geltend zu machen (BGH, Beschl. v. 19.11.2014 – XII ZB 478/13, FamRZ 2015, 309 = NJW 2015, 334).
- Bei einem bestehenden Titel bezieht sich diese Sperre auch auf den zukünftigen Unterhalt. Denn dazu müsste der frühere Titel abgeändert werden. Der BGH betont jedoch, dass eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (§ 238 Abs. 1 S. 2 FamFG) nicht allein mit dem nachträglich gefassten Entschluss begründet werden kann, nunmehr auch einen – im Erstverfahren möglicherweise "vergessenen" – Altersvorsorgebedarf nachträglich geltend machen zu woll...