1. Kosten einer Privatschule
Es gilt zu unterscheiden zwischen Sonderbedarf und Mehrbedarf. Sonderbedarf ist ein unregelmäßig auftretender, außergewöhnlich hoher Bedarf, der gem. § 1513 BGB auch für die Vergangenheit geltend gemacht werden kann.
Mehrbedarf ist der Teil des Lebensbedarfs, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er beim Kindesunterhalt mit den Tabellensätzen nicht oder nicht vollständig erfasst werden kann, andererseits aber kalkulierbar ist. Das OLG Brandenburg (FamRZ 2023, 520 = FamRB 2023, 182 m. Hinw. Bauer) stellt klar, dass die Kosten eines privaten Schulbesuchs regelmäßig als Mehrbedarf zu qualifizieren sind. An einem solchen Mehrbedarf hat sich gem. § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB auch der Elternteil zu beteiligen, der seiner Unterhaltsplicht in Form der Pflege und Erziehung des Kindes nachkommt. Insoweit haften die Eltern nicht als Gesamtschuldner, sondern anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der tatsächlich geleistete Barunterhalt stellt hierbei eine vorweg abzugsfähige Aufwendung dar. Bei der Haftungsquote ist für jeden Elternteil von einem Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts auszugehen (vgl. BGH FamRZ 2013, 1563).
Hinweis:
Beim Kindesunterhalt ist der Zusatzantrag für einen Mehrbedarf neben der bestehenden Titulierung des Tabellenunterhalts zulässig.
2. Verwirkung von tituliertem Unterhaltsanspruch
Das OLG Braunschweig (FamRZ 2023, 522 = FuR 2023, 187 m. Hinw. Viefhues = FamRB 2023, 140 m. Hinw. Bömelburg) hat die Voraussetzungen für eine Verwirkung von in einer Jugendamtsurkunde titulierten Unterhaltsansprüchen aufgezeigt.
Eine Verwirkung kommt in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht in Zukunft nicht geltend machen werde. An das sog. Zeitmoment der Verwirkung sind bei Unterhaltsansprüchen keine strengen Anforderungen zu stellen und es kann bereits dann erfüllt sein, wenn die Rückstände Zeitabschnitte betreffen, die ein Jahr oder länger zurückliegen. Dies gilt auch dann, wenn ein Unterhaltsanspruch aus übergegangenem Recht geltend gemacht wird.
Auch bei einem titulierten Unterhaltsanspruch bleibt es grds. bei der Jahresfrist. Vorliegend war der Zeitraum mit zweieinhalb Jahren als erfüllt anzusehen.
Das sog. Umstandsmoment setzt voraus, dass besondere Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Schuldners rechtfertigen, der Gläubiger werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen. Das Umstandsmoment ist grds. zu verneinen, wenn Vollstreckungsversuche deshalb unterbleiben, weil sie angesichts der finanziellen Situation des Schuldners voraussichtlich erfolglos geblieben wären. Obwohl dies im vorliegenden Fall anzunehmen war, hat das OLG das Umstandsmoment aufgrund besonderer Gründe des Einzelfalls – einer illoyal verspäteten Vollstreckung – bejaht.