Leben mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam in einer Wohnung, so entfallen nach ständiger BSG-Rechtsprechung (seit Urt. v. 23.11.2006 – B 11b AS 1/06 R, ebenso bereits die frühere Rechtsprechung des BVerwG zur Sozialhilfe) die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung grundsätzlich zu gleichen Anteilen auf jede Person – unabhängig von Alter, konkretem Wohnflächenbedarf oder Nutzungsintensität (sog. Kopfteilprinzip). Allerdings handelt es sich insoweit nicht um eine normative Anspruchsbegrenzung, sondern lediglich um eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität getroffene generalisierende und typisierende Annahme. So hat das BSG in der Vergangenheit mehrfach Abweichungen vom Kopfteilprinzip zugelassen, wenn bedarfsbezogene Gründe eine Ausweitung der Leistungsansprüche von einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zur Sicherung ihres Grundbedürfnisses "Wohnen" erforderten (s. etwa Pattar/Sartorius ZAP F. 18, S. 1330 m.w.N.; BSG v. 22.8.2013 – B 14 AS 85/12, hierzu Berlit juris PR-SozR 7/2014 Anm. 1; BSG v. 2.12.2014 – B 14 AS 50/13 R).
In dem nunmehr vom BSG entschiedenen Fall (Urt. v. 14.2.2018 – B 14 AS 17/17 R; Reichel juris PR-SozR 13/2018 Anm. 2) lebten die miteinander verheirateten Kläger gemeinsam mit ihrem unverheirateten 21-jährigen Sohn in einer nur von ihnen gemieteten Wohnung. Sie bezogen zunächst alle drei als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Nachdem der Sohn ein Gewerbe angemeldet hatte, war er vom beklagten Jobcenter vergeblich zur Abgabe einer Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit aufgefordert worden. Wegen fehlender Mitwirkung des Sohnes berücksichtigte der Beklagte gem. § 66 Abs. 1 SGB I bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung nur den jeweiligen Kopfteil der beiden Kläger an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, nicht den "fehlenden" Kopfteil ihres Sohnes. Die auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftsaufwendungen gerichtete Klage hatte in der Berufungsinstanz Erfolg. Das LSG verwies zur Begründung seines Urteils auf die Entscheidung des BSG (Urt. v. 23.5.2013 – B 4 AS 67/12 R), die zur Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung im Rahmen von Sanktionen gegen ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft eine Abweichung vom Kopfteilprinzip für erforderlich gehalten hatte und meinte, entsprechend sei auch hier eine Abweichung notwendig. Dem folgte das BSG nicht. Die vom Beklagten eingelegte, vom LSG zugelassene Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung der Berufung der Kläger gegen das klageabweisende Urteil des SG.
Das BSG verweist zunächst auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine Abweichung vom Kopfteilprinzip und die aus ihr folgende Erhöhung der Einzelansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung voraussetzt, dass dies aus bedarfsbezogenen Gründen geboten ist. Verfügt das weitere Bedarfsgemeinschaftsmitglied, für das Leistungen für Unterkunftsaufwendungen nicht erbracht werden, über Einkommen oder Vermögen, aus dem es seinen Kopfteil ganz oder teilweise bestreiten kann, ist insoweit eine Abweichung von dem Prinzip nicht geboten, denn es ist nicht Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitssuchende, wirtschaftlich leistungsfähigen Dritten ein kostenfreies Wohnen zu ermöglichen.
Anders etwa, als wenn infolge von durch das Jobcenter verfügten Sanktionen nach § 31 ff. SGB II ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunftsaufwendungen wegfällt, ist im vorliegenden Fall die Hilfebedürftigkeit des dritten Haushaltsmitglieds, bei deren Vorliegen dessen Kopfteil als Bedarf anerkannt und übernommen würde, ungeklärt. Dies lässt den Bedarf der anderen Mitglieder unberührt. Der Hintergrund für die nach der BSG-Rechtsprechung vom Kopfteil als Maßstab für die Aufteilung der Unterkunftsaufwendungen bestehenden Ausnahmen ist die Sicherung des Grundbedürfnisses Wohnen, die in diesen Fällen nur über Ansprüche der jeweiligen leistungsberechtigten Person sichergestellt werden kann. Hier jedoch lebte in den streitigen Monaten der Sohn der Kläger weiterhin mit diesen in einem Haushalt und nutzte gemeinsam mit ihnen die Wohnung, die seinen aktuellen Unterkunftsbedarf deckte, und bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit in diesen Monaten konnte sein aktueller anteiliger Unterkunftsbedarf durch Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II sichergestellt werden. Die nachträgliche Erbringung der vollständigen Aufwendungen durch das Jobcenter war zudem trotz Versagung nach § 66 Abs. 1 SGB I noch durch Nachholung der Mitwirkung nach § 67 SGB I erreichbar.
Hinweis:
§ 67 SGB I sieht vor, dass Leistungsträger Sozialleistungen, die sie nach § 66 SGB I versagt haben, nachträglich ganz oder teilweise erbringen können, wenn die Mitwirkung nachgeholt wird und die Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Die Entscheidung ist von Amts wegen zu treffen, hierbei besteht aber hinsichtlich des "Ob" und "Wie" Ermessen. Abzustellen ist insoweit u.a. auf § 2 Abs. 2 SGB I, wonach sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte möglichst weitge...