Ein Gesetzentwurf des Bundesrates "zur flexibleren Organisation der Justiz" sieht vor, dass die Länder künftig richterliche Aufgaben auf Rechtspfleger und Aufgaben von Rechtspflegern auf Urkundsbeamte der Geschäftsstelle übertragen können. Der Vorschlag geht auf eine Initiative der Länder Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein zurück und wurde dem Bundestag zugeleitet.
Mit diesen Befugnissen sollen die Länder in die Lage versetzt werden, besser auf die personellen Anforderungen zu reagieren, die mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs verbunden sind. Zusätzlich zu bereits jetzt vorhandenen Länderöffnungsklauseln sollen die Länder deshalb auch für zwei weitere Bereiche Aufgaben vom Richter auf den Rechtspfleger bzw. vom Rechtspfleger auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragen können: Nachlasssachen sowie bestimmte Geschäfte der Kosten- und Vergütungsfestsetzung. Zugleich sollen damit die Laufbahnen im Justizdienst aufgewertet und gestärkt werden.
Begründet wird der Vorstoß der Länder damit, dass der technische Fortschritt im EDV-Bereich mittel- und langfristig zu einer sinkenden Auslastung der Beamten des mittleren Dienstes und der Justizfach- oder Justizangestellten führen werde. Vor allem die automatisierten Fachverfahren sowie die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte beförderten diese Entwicklung. Dagegen bestehe beim Richter- und Rechtspflegerpersonal in einzelnen Ländern teilweise seit Jahren eine Unterdeckung. Da nicht alle Bundesländer gleichermaßen ein Interesse an und ein Bedürfnis für neue Übertragungsmöglichkeiten hätten, solle es ihnen daher per Öffnungsklausel überlassen werden, ob und in welchem Umfang sie von den Ermächtigungen Gebrauch machen wollen.
Die Bundesregierung hat sich in ihrer Stellungnahme zu der Länderinitiative teilweise zustimmend, teilweise ablehnend geäußert. Während sie der vorgeschlagenen Übertragung der Nachlasssachen auf Rechtspfleger im Grunde zustimmt und lediglich den Durchführungsweg einer unbegrenzten Länderöffnungsklausel ablehnt, widerspricht sie vehement einer Übertragung der Aufgabe der Vergütungsfestsetzung vom Rechtspfleger auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle: Die Kosten- und Vergütungsfestsetzung eigne sich insgesamt nicht für eine Übertragung, da die Bescheidung von Kostenfestsetzungsanträgen angesichts der ausdifferenzierten Kasuistik der §§ 91 ff. ZPO und der §§ 464b ff. StPO regelmäßig schwierig sei. Sie erfordere aufgrund der ausgefeilten Rechtsprechung ein hohes Fachwissen und Detailkenntnisse sowie ein systematisches Verständnis der zugrundeliegenden Normen.
[Quelle: Bundesrat]