1. Betriebsgefahr (§ 7 StVG)
Mit der Frage der Betriebsgefahr hatte sich der BGH zu befassen (NJW 2016, 1162 = NZV 2016, 165 = DAR 2016, 261). Dort war es beim Befüllen des Öltanks auf dem Grundstück des Klägers aus einem auf einer öffentlichen Straße abgestellten Tanklastwagen zum Austreten von Öl gekommen. Werden beim Entladen von Heizöl aus einem Tanklastwagen wegen einer Undichtigkeit des zur Schlauchtrommel des Wagens führenden Verbindungsschlauchs die Straße und das Hausgrundstück des Bestellers beschädigt, sei das dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zuzurechnen. Das Merkmal des § 7 Abs. 1 StVG "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" sei weit auszulegen. Es komme maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht. Eine Verbindung mit dem "Betrieb" als Kraftfahrzeug könne zu bejahen sein, wenn eine "fahrbare Arbeitsmaschine" gerade während der Fahrt bestimmungsgemäß Arbeiten ausführe. Beim stehenden Fahrzeug sei das auch dann gegeben, wenn das Kraftfahrzeug in innerem Zusammenhang mit seiner Funktion als Verkehrs- und Transportmittel entladen wird, und zwar auch dann, wenn das Entladen mithilfe einer speziellen Entladevorrichtung des Kraftfahrzeugs erfolgt. Es genüge allerdings nicht, dass der Motor des Kraftfahrzeugs für den Betrieb der Ölpumpe eingesetzt wurde. Hier sei vielmehr maßgeblich, dass der Tankwagen im öffentlichen Verkehrsraum vor dem Haus der Kläger abgestellt war und eine undichte Stelle in einem Schlauchstück vor der Schlauchtrommel beim Entladen eine Ölfontäne verursachte, die sowohl zu einer Ölverschmutzung der öffentlichen Straße als auch zur Beschädigung des Hausgrundstücks der Kläger führte (Abgrenzung zu BGHZ 71, 212).
Hinweis:
Eingehende Darstellung der Haftung für Betriebsgefahr bei Burmann/Jahnke DAR 2016, 313. Zu Rechtsfragen rund um das Thema "automatisiertes Fahren" Weber NZV 2016, 249, Schrader DAR 2016, 242 und Ternig zfs 2016, 303.
2. Anscheinsbeweis (§§ 7 ff. StVG)
a) Parkplatzunfälle
Die Reichweite des Anscheinsbeweises bei Parkplatzunfällen musste der BGH beurteilen (NJW 2016, 1098 m. Anm. Geipel = NZV 2016, 169 = DAR 2016, 197 m. Anm. Engel = zfs 2016, 435 m. Anm. Diehl u. Bespr. La Malfa 363 = VRR 5/2016, 7 [Küppers]). Zwei Pkw stießen auf einem öffentlichen Parkplatz beim rückwärtigen Ausparken aus gegenüberliegenden Parkbuchten Heck an Heck zusammen. Die Vorinstanzen gingen von einer hälftigen Haftungsverteilung aus. Anders der BGH: Nach der Rechtsprechung zum Rückwärtsfahren nach § 9 Abs. 5 StVO spricht der Anscheinsbeweis gegen den Rückwärtsfahrenden, wenn es in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Rückwärtsfahren zu einem Zusammenstoß kommt. Die für die Anwendung eines Anscheinsbeweises gegen einen Rückwärtsfahrenden erforderliche Typizität des Geschehensablaufs liege aber regelmäßig nicht vor, wenn beim rückwärtigen Ausparken von zwei Fahrzeugen aus Parkbuchten eines Parkplatzes zwar feststeht, dass vor der Kollision ein Fahrzeugführer rückwärts gefahren ist, aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt bereits stand, als der andere – rückwärtsfahrende – Unfallbeteiligte mit seinem Fahrzeug in das Fahrzeug hineingefahren ist. Denn es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach sich der Schluss aufdrängt, dass auch der Fahrzeugführer, der sein Fahrzeug vor der Kollision auf dem Parkplatz zum Stillstand gebracht hat, die ihn treffenden Sorgfaltspflichten verletzt hat. Der BGH hat diese Grundsätze kurz darauf bestätigt (NJW 2016, 1100 = NZV 2016, 198 = DAR 2016, 260 = zfs 2016, 434; zum Anscheinsbeweis bei Verwendung einer rückwärtigen Einparkautomatik AG Gelsenkirchen VRR 9/2016, 8 [Nugel]).
b) Bremsen während der Grünphase
Der durch Grün bevorrechtigte Fahrzeugführer ist gehalten, die Grünphase einer Ampel auszunutzen, um einen ungehinderten Verkehrsfluss zu gewährleisten. Bremst er während der Grünphase ohne zwingenden Grund vor dem Kreuzungsbereich stark ab und fährt das nachfolgende Fahrzeug auf, ist der gegenüber dem Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis erschüttert (LG Saarbrücken NZV 2016, 224 = VRR 7/2016, 12 [Kümmerle]).
Hinweis:
Zur Haftungsverteilung bei Verkehrsunfällen mit Inlineskatern Schumann/Nugel VRR 4/2016, 4.
3. Sachverständigenkosten, Mitverschulden (§ 254 BGB, § 287 ZPO)
Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Dem Geschädigten obliegt im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten oder später berechneten Preise. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn Tatrichter im Rahmen der Schätzung der bei der Begutachtung anfallenden und erforderlichen Nebenkosten gem. § 287 ZPO die Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) als Orientierun...