a) Sorgfältige Marktuntersuchung durch den Franchise-Geber
Das LG München I geht in seinem Hinweisbeschl. v. 15.12.2023 wiederum unter Rückgriff auf die zum Urt. des OLG Frankfurt a.M. v. 1.12.2021 (12 U 7/21) dargestellte ältere Rspr. davon aus, dass die vorvertragliche Aufklärung beim Abschluss von Franchise-Verträgen ausschließlich auf den Franchise-Nehmer-Schutz ausgerichtet sei. Insofern heißt es im Hinblick auf erzielbare Umsätze, die in einem Franchise-Outlet gemacht werden können:
Zitat
„Das zur Aufklärung über die erzielbaren Umsätze verwendete Datenmaterial muss dabei auf einer sorgfältigen Untersuchung des Markts bestehen, auf den konkreten Standort ausgerichtet sein und darf nicht lediglich den Charakter einer Schätzung ausweisen. Handelt es sich lediglich um eine Schätzung, muss darauf eindeutig hingewiesen werden.”
Zwar betont das LG München I in seinem Beschl., dass der Umfang der vorvertraglichen Aufklärung von den Umständen des Einzelfalls in Abhängigkeit vom Informationsbedarf des jeweiligen Franchise-Nehmer-Interessenten zu sehen ist, sieht aber eine Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten bereits dann als gegeben an, wenn dem potenziellen Franchise-Nehmer im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärung „keine auf den konkreten Standort ausgerichteten Daten zur Verfügung gestellt” werden.
b) Konsequenz des Beschlusses des LG München I
Damit konterkariert das LG München I die Feststellungen des OLG Frankfurt a.M. in seinem Urt. v. 1.12.2021 (12 U 7/21), wonach eine solche Standortanalyse überhaupt nicht zu den ureigenen Aufgaben eines Franchise-Gebers im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärung gehört. Konterkariert wird auch die Aussage des OLG Frankfurt a.M., dass jeder Franchise-Nehmer – wie auch jeder Selbstständige – sich vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit selbst unterrichten muss, ggf. durch Internetrecherchen.
Der Beschl. des LG München I zeigt erneut, wie unterschiedlich die Rspr. der erstinstanzlichen Gerichte ist, wenn es um die Beurteilung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten eines Franchise-Gebers bzw. deren Verletzungen geht. In der Regel wird hier der Franchise-Nehmer-Schutz in den Vordergrund gestellt und nicht gesehen, dass auch den Franchise-Nehmer ein unternehmerisches Risiko trifft und der Franchise-Geber nicht Existenzgründungsberater des Franchise-Nehmers ist.
Die vorvertragliche Aufklärung beim Abschluss von Franchise-Verträgen bleibt also spannend, soweit es um erstinstanzliche Entscheidungen geht. Dies wird sich auch vorläufig nicht ändern, da es bislang keine Entscheidung des zuständigen 7. Senats des BGH zur vorvertraglichen Aufklärung bei Franchise-Systemen gibt und eine solche auch zurzeit nicht absehbar ist.