Beschäftigt man sich mit der kündigungsrechtlichen Bedeutung der Social-Media-Nutzung bewegt man sich in einer unübersichtlichen, juristischen Grauzone, die nicht zuletzt aus den sich rasant entwickelnden und technisch verändernden Möglichkeiten und ihren differenzierten Ausdrucksformen resultiert. Oft gehen zudem die berufliche und die private Nutzung fließend ineinander über, woraus zwangsläufig Abgrenzungsprobleme resultieren. Kurzum: Die arbeitsrechtliche Erfassung und Kategorisierung der Social-Media-Nutzung befindet sich bildlich gesprochen „noch in den Kinderschuhen”.
Es stellen sich hierbei etwa Fragen nach dem Schutz der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers (zum schmalen Grad zwischen Meinungsfreiheit und Pflichtverletzung Fuhlrott/Oltmanns, NZA 2016, 785), nach dem Grad der Vertraulichkeit von Äußerungen in sozialen Medien (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.7.2021 – 21 Sa 1291/20, juris, „Menschenverachtender WhatsApp-Chat”), nach einer Rufschädigung des Arbeitgebers und nach einer Störung des Betriebsfriedens. Ebenfalls von Bedeutung bei der (kündigungsrechtlichen) Einordnung des Verhaltens sind die Perpetuierung, der Adressatenkreis und die Verbreitungsgeschwindigkeit der Äußerungen. Und es gilt immer zu klären, welches Ausdrucksmittel (Posten, Liken, Teilen, etc.) gewählt wurde und welche Social-Media-spezifische Bedeutung diesem Mittel beizumessen ist (vgl. Günther/Lenz, ArbRAktuell 2020, 405; zur Kündigung wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook Burr, NZA-Beilage 2015, 114; Bauer/Günther, NZA 2013, 67).
Da bei der Nutzung von Social Media erhebliche Risiken entstehen können, ist es für Unternehmen empfehlenswert, Social-Media-Guidelines zu formulieren, um über die Risiken aufzuklären und gewünschtes Verhalten gezielt anzusteuern. Insbesondere sollten Social-Media-Guidelines die Funktion haben, Arbeitnehmer deutlich auf bestehende arbeitsvertragliche Pflichten hinzuweisen und hinsichtlich des verantwortungsvollen, möglichst konfliktfreien Umgangs mit sozialen Netzwerken zu sensibilisieren. Es sollte etwa ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflichten auch im Web 2.0 gelten und damit Beleidigungen von Kollegen ebenso wie diskriminierende, rassistische, sexistische oder sonst strafrechtlich relevante Kommentare tabu und unerwünscht sind (vgl. Byers, SPA 2017, 37, 39).