Nach den vorhergehend dargestellten Grundsätzen über die Zulässigkeit von baurechtlichen Veränderungen durch den Mieter, stellt sich neuerdings die Frage, wie die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf Terrasse bzw. Balkon (sog. Balkonkraftwerke) durch den Mieter rechtlich einzuordnen ist und ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Mieter insoweit einen Anspruch gegen den Vermieter auf Einwilligung geltend machen kann. Der Fachbegriff von Balkonkraftwerken ist Steckersolargerät (§ 3 Nr. 43 EEG). Eine gesetzliche Regelung ist im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) vorhanden. Mit dem Solarpaket I sollte der Anteil erneuerbarer Energien gesteigert und eine neue Photovoltaik-Strategie der Regierung umgesetzt werden (vgl. Schmidt-Futterer/Flatow, 16. Aufl. 2024, § 554 BGB Rn 12a). Entgegen den berechtigten Erwartungen wurde jedoch noch keine Änderung von § 554 BGB durch das Solarpaket I vorgenommen, mit der diese Steckersolargeräte als 4. Alternative der privilegierten Maßnahmen hinzugefügt werden sollten.
aa) Installation eines Balkonkraftwerks als bauliche Maßnahme
Die Installation von Steckersolargeräten stellt zwar in aller Regel einen – wenn auch niederschwelligen – Eingriff in die Bausubstanz der Mietsache dar, weil die Photovoltaikmodule an der Balkonbrüstung oder einem Flachdach fixiert und mit Leitungen an das vorhandene Stromnetz angeschlossen werden. Daher steht der Vermieterseite grds. und auch ohne diesbezügliche Erwähnung im Mietvertrag nach Art. 14 GG die Entscheidungsbefugnis zu, die Installation einer solchen Anlage zu genehmigen oder auch zu verbieten. Das Eigentumsrecht gewährt dem Vermieter grds. das Recht, die Mietsache in dem bei Abschluss des Mietvertrags bestehenden Zustands zu belassen.
Zu berücksichtigen ist aber auch, dass der Umfang des (noch) vertragsgemäßen Mietgebrauchs durch den Wandel der gesellschaftlichen Anschauungen und des technischen Fortschritts verändert wird, wobei auch örtliche Sitten und Gebräuche zu berücksichtigen sind (BGH, Urt. v. 10.4.2013 – VIII ZR 213/12, ZMR 2013, 623 = NJW 2013, 1806; BGH, Urt. v. 10.5.2006 – XII ZR 23/04, NJW-RR 2006, 1158 = NZM 2006, 582; AG Frankfurt a.M., Urt. v. 30.11.1999 – 33 C 2982/99, NZM 2000, 961). Bei der durchzuführenden Abwägung der widerstreitenden Interessen ist einerseits auf die Intensität des Eingriffs, zum anderen auf das Gewicht des hinter dem Änderungswunsch stehenden Mieterinteresses abzustellen, wobei Letzteres auch Gemeinwohlbelange einschließen kann, was insb. im Kontext von klimaschützenden, baulichen Änderungen wie eines sog. Balkonkraftwerks der Fall ist (MüKo-BGB/Häublein, 9. Aufl. 2023, § 535 BGB Rn 84, allerdings nur auf die Elektromobilität bezogen).
bb) Vorgaben für die durchzuführende Interessenabwägung
Die Installation eines solchen Balkonkraftwerks beinhaltet letztlich die Erzeugung und Nutzung von Solarstrom und führt sowohl zu einer – zugegebenermaßen überschaubaren – Einsparung von Primärenergie als auch zu einer Einsparung von Energiekosten der Mieterseite, was politisch und gesamtgesellschaftlich gewollt ist. Die Installation eines Balkonkraftwerks durch den Mieter ist zumindest mittelbar auch von Verfassungs wegen geschützt, da der Aspekt des Umweltschutzes ausdrücklich in Art. 20a GG verankert ist. Dieser Aspekt ist in der durchzuführenden Interessenabwägung zwischen dem Bewahrungsinteresse des Vermieters und dem Veränderungsinteresse des Mieters zu berücksichtigen. Dementsprechend wurde in der Rspr. bereits im Jahr 1990 eine Solaranlage auf einer Terrasse als vom vertragsgemäßen Gebrauch umfasst angesehen (AG München, Urt. v. 4.10.1990 – 214 C 24821/90, BeckRS 1990, 05848 Rn 17). In den vergangenen dreißig Jahren seit dieser Entscheidung wurde der Stellenwert des Einsatzes nachhaltiger Energiequellen, nicht zuletzt durch zahlreiche staatliche Förderprogramme, immer mehr in den Vordergrund gestellt, sodass die Nutzung von Solaranlagen objektiv vorteilhaft ist.
Seit Beginn des durch Russland geführten Angriffskriegs in der Ukraine und der damit verbundenen drastischen Anstiege der Strom- und Gaskosten in Deutschland ist der Bedarf einer noch schnelleren Umgestaltung der Stromerzeugung auf regenerative Energiequellen von noch größerer Bedeutung geworden. Gleiches gilt selbstredend unter dem Aspekt der Einsparung von Energiekosten für die Mieterseite. Dieser Umstand ist ebenfalls im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, da die veränderte Weltlage im Rahmen der veränderten Verkehrssitte durchaus Einfluss auf den (derzeit üblichen) Mietgebrauch hat.
Nach hier vertretener Ansicht ergibt sich aus dem vorgehend Gesagten, dass sich das aus dem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG fließende, billige Ermessen des Vermieters über die Genehmigung der Installation eines solchen Balkonkraftwerks, aufgrund des zu berücksichtigenden Mietgebrauchsrechts der Mieterseite, dahingehend verengt, dass der Vermieter nicht ohne erheblichen, sachlichen Grund seinem Mieter die Installation und Nutzung eines solchen Balkonkraftwerks auf dem Balkon oder Dachgarten verbieten kann, sofe...