I. Einleitung
Der bedeutendste Grund für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist die Kündigung. Sie ist eine einseitige rechtsgeschäftliche Willenserklärung, gehört zu den rechtsvernichtenden Gestaltungsrechten und beendet das Arbeitsverhältnis für die Zukunft – entweder sofort oder nach Ablauf einer Kündigungsfrist. Das beiden Arbeitsvertragsparteien zustehende Kündigungsrecht ist an die Einhaltung besonderer Voraussetzungen gebunden und zwingt vor allem den Arbeitgeber zur Beachtung strenger Kündigungsvorschriften. Das arbeitsrechtliche Kündigungsrecht wirft für Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Vielzahl von Rechtsfragen auf, für deren Beantwortung die relevanten Regelungen unter Beachtung der sich im ständigen Fluss befindenden (höchstrichterlichen) Rechtsprechung bekannt sein müssen.
II. Kündigungserklärung
Jede Kündigungserklärung muss dem Bestimmtheitsgebot genügen, in Ausnahmefällen die Angabe des Kündigungsgrundes enthalten, in der richtigen Form erklärt werden und dem Kündigungsempfänger zugehen.
1. Bestimmtheit
Eine Kündigungserklärung muss so bestimmt sein, dass der Kündigungsadressat zweifelsfrei erkennen kann, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet sein soll, sei es durch Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist, sei es, weil der Beendigungstermin aus anderen Gründen zweifelsfrei bestimmbar ist. Aus der Erklärung oder den Umständen muss sich auch ergeben, ob eine fristgemäße oder eine fristlose Kündigung gewollt ist (BAG NZA 2015, 162, 163).
Bei einer außerordentlichen Kündigung muss zusätzlich zum Ausdruck kommen, dass sich der Erklärende des Vorliegens eines wichtigen Grundes berühmt und von der sich hieraus ergebenden besonderen Kündigungsbefugnis Gebrauch machen will (BAG NJW 1983, 303, 303).
2. Angabe des Kündigungsgrundes
Außer in den Fällen des § 22 Abs. 3 BBiG und § 9 Abs. 3 S. 2 MuSchG ist die Angabe des Kündigungsgrundes in der Kündigungserklärung keine Wirksamkeitsvoraussetzung.
Lediglich § 626 Abs. 2 S. 3 BGB normiert für die außerordentliche Kündigung einen Auskunftsanspruch, dessen Verletzung Sekundäransprüche (z.B. Ersatz der Kosten für einen Prozess, den der Arbeitnehmer im Vertrauen auf das Nicht-Vorliegen eines wichtigen Grundes geführt hat) auslösen kann.
3. Schriftform
Jede Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, § 623 BGB. Die Norm erfasst jede arbeitgeber- und arbeitnehmerseitige Kündigung und gilt auch für den nach § 113 InsO einen Arbeitnehmer kündigenden Insolvenzverwalter (BAG NZA 2005, 513, 513). Spezialgesetzliche Vorschriften finden sich in § 22 Abs. 3 BBiG, § 9 Abs. 3 S. 2 MuSchG und in § 65 Abs. 2 SeeArbG.
Da die dreiwöchige Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG erst mit Zugang einer schriftlichen Kündigung in Gang gesetzt wird, kann der Formmangel auch nach Ablauf der Präklusionsfrist geltend gemacht werden (Schwab RdA 2013, 357, 362).
Wird die Kündigung von einem Bevollmächtigten erklärt, unterliegt nur seine Kündigungserklärung der Form des § 623 BGB, nicht aber die Erteilung der Vollmacht selbst.
Hinweis:
Dem Kündigungsschreiben ist eine Vollmachturkunde im Original beizufügen. Andernfalls droht die (unverzügliche) Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB mit der Folge, dass die Kündigung unwirksam ist! Das Zurückweisungsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Kündigungsempfänger von der Bevollmächtigung Kenntnis hatte, § 174 S. 2 BGB (s. hierzu BAG NZA 2015, 159 ff.).
4. Zugang der Kündigungserklärung
Die Kündigung muss dem Kündigungsempfänger nach allgemeinen Regeln zugehen (vgl. hierzu BAG NZA 2015, 1183 ff.). Da der Zeitpunkt des Zugangs wichtig für die Bestimmung der Kündigungs- und Klagefrist ist, sollte der Zugang beweissicher erfolgen!
Hinweis:
Übergabe der Kündigung im Beisein eines Zeugen, der Kenntnis von dem Inhalt des Kündigungsschreibens hat; Empfang quittieren lassen; Boten, der Kenntnis vom Inhalt des Schreibens hat, mit der Zustellung beauftragen.
III. Besondere Kündigungsvorschriften
Insbesondere der Arbeitgeber hat vor Ausspruch einer Kündigung zu prüfen, ob im jeweiligen Einzelfall besondere Kündigungsvorschriften zu beachten sind, deren Verletzung zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.
1. Kündigungs- und Benachteiligungsverbote
Für besonders schützenswerte Arbeitnehmer und bei Vorliegen bestimmter Umstände bestehen Kündigungs- sowie Kündigungsschutz vermittelnde Benachteiligungsverbote.
Ein wichtiges statusbezogenes Kündigungsverbot ist in § 15 KSchG (s.a. § 29a HAG, § 96 SGB IX) geregelt, wonach betriebsverfassungsrechtlichen Funktionsträgern (v.a. Betriebsratsmitgliedern) nicht ordentlich gekündigt werden kann. Weitere statusbezogene Kündigungsverbote finden sich z.B. in §§ 58 Abs. 2, 58d BImSchG, § 4f Abs. 3 BDSG (Interne Immissionsschutz-, Störfall- und Datenschutzbeauftragte) oder in Tarifverträgen (z.B. § 34 Abs. 2 TVöD).
Hinweis:
Auch (zweck-)befristete bzw. auflösend bedingte Arbeitsverhältnisse können nur bei ausdrücklicher einzel- oder tarifvertraglicher Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit ordentlich gekündigt werden, § 15 Abs. 3 TzBfG.
Daneben existieren eine Reihe von umstandsbezogenen Kündigungsverboten wie das Verbot in § 613a Abs. 4 BGB, wonach Arbeitnehmern nicht wegen eines Betriebsübergangs gekündigt werden darf. Weitere ...