I. Abgabenrecht
Abrechnungseinheit bei wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen
Das BVerwG hat sich in seinem Beschluss vom 19.4.2021 (9 B 43/20) mit der Frage befasst, wann Gebiete einer Stadt zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung zusammengeschlossen werden dürfen und inwieweit bei der Erhebung von Straßenbaubeiträgen den Städten hierfür eine Pauschalisierungsbefugnis zusteht. Es hebt zunächst hervor, dass dem Gestaltungsermessen des Satzungsgebers insb. dann verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt seien, wenn er die Verkehrsanlagen des gesamten Gemeindegebiets als eine einheitliche öffentliche Einrichtung bestimme. Ein Beitrag für den Ausbau einer Straße als Teil einer öffentlichen Verkehrsanlage komme nur für diejenigen Grundstücke in Betracht, die von der Verkehrsanlage einen jedenfalls potentiellen Gebrauchsvorteil hätten, bei denen sich also der Vorteil der Möglichkeit der Nutzung der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirke. Nur in diesem Fall erscheine es nach dem Maßstab des Gleichheitssatzes gerechtfertigt, gerade den oder die Eigentümer dieses Grundstücks zu einem Beitrag für die Nutzung der ausgebauten Straße heranzuziehen.
Hinweis:
Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt v.a. von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden bebauten Gebiets, der Topographie wie der Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung. Dabei dürfte in Großstädten die Aufteilung der Verkehrsanlagen in mehrere abgrenzbare Gebietsteile regelmäßig erforderlich und unbeschadet des ansonsten bestehenden Satzungsermessens die Annahme einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen sein; in kleinen Gemeinden – insb. solchen, die aus nur einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen – werden sich einheitliche öffentliche Einrichtungen und Gemeindegebiet dagegen häufig decken.
Das BVerwG hebt hervor, dass ein „funktionaler Zusammenhang” für die Bildung einer Abrechnungseinheit durch den Gleichheitssatz nicht vorgegeben sei. Jedoch dürften keine Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zusammengeschlossen werden, falls dies zu einer auch bei großzügiger Pauschalierungsbefugnis mit Rücksicht auf das Gebot der Belastungsgleichheit nicht mehr zu rechtfertigenden Umverteilung von Ausbaulasten führen würde (vgl. BVerfGE 137, 1, Rn 63 ff.; BVerwG, Beschl. v. 27.5.2020 – 9 B 17.19).
II. Baurecht
1. Wirksamkeit der Baugenehmigung bei Nutzungsunterbrechungen
Ist eine Baugenehmigung erteilt und wird von ihr längere Zeit kein Gebrauch gemacht, stellt sich die Frage, ob und wann sie ihre Wirksamkeit verliert. Das BVerwG knüpft bei der Beantwortung dieser Frage in seinem Beschluss vom 23.3.2021 (4 BN 35.20, BBB 2021, Nr. 7–8, 53) an eine frühere Entscheidung (BVerwGE 98, 235, 240) an, welche die Grundsätze des sog. Zeitmodells als Orientierungshilfe für die Frage heranzieht, nach welchem Zeitablauf ein Wechsel der Grundstückssituation auf den Bestandsschutz durchschlägt. Das Zeitmodell ist zu § 35 Abs. 5 Nr. 2 BauGB (nunmehr § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB) entwickelt worden, der eine erleichterte Zulassung der alsbaldigen Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle vorsah. Nach dem Modell rechnet die Verkehrsauffassung im ersten Jahr nach der Zerstörung eines Bauwerks stets mit dem Wiederaufbau. Im zweiten Jahr besteht eine Regelvermutung für die Erwartung des Wiederaufbaus. Diese Vermutung kehrt sich nach Ablauf von zwei Jahren um: Der Bauherr hat dann besondere Gründe dafür darzulegen, dass die Zerstörung des Gebäudes noch keinen als endgültig erscheinenden Zustand herbeigeführt hat (vgl. BVerwGE 64, 42).
Das BVerwG entnimmt seiner bisherigen Rechtsprechung nicht, dass bei einer Nutzungsunterbrechung von mehr als zwei Jahren die Wirksamkeit einer zugrundeliegenden Baugenehmigung stets und gleichsam automatisch entfällt, sondern allenfalls, dass die Verkehrsauffassung nach einem Zeitablauf von etwa zwei Jahren nicht mehr mit der Wiederaufnahme einer unterbrochenen Nutzung rechnet, sofern keine besonderen Gründe vorliegen.
2. Angaben zu den Arten umweltbezogener Informationen
Vor dem Hintergrund der Transparenz öffentlichen Handelns auch im Bereich des Bauplanungsrechts verlangt § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB, die Entwürfe der Bauleitpläne mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen öffentlich auszulegen. Nach § 3 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB sind Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, min. eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen.
Die Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB soll eine Anstoßwirkung entfalten und interessierte Bürger dazu ermuntern, sich über die gemeindlichen Planungsabsichten zu informieren und ggf. mit Anregungen und Bedenken zur Planung be...