Beim Zusammenstoß eines rückwärtsfahrenden Fahrzeugs mit einem Teilnehmer des fließenden Verkehrs kommt i.d.R. die volle Haftung des Zurücksetzenden in Betracht (§ 9 Abs. 5 StVO). Eine Mithaftung des anderen Verkehrsteilnehmers ist allerdings z.B. bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung oder bei nicht genügender Aufmerksamkeit (insbesondere beim Auffahren auf ein einparkendes Fahrzeug) anzunehmen. Da das Rückwärtsfahren auf einer Autobahn gem. § 18 Abs. 7 StVO verboten ist, kommt bei einem Zusammenstoß i.d.R. nur die Alleinhaftung des Rückwärtsfahrenden in Betracht (OLG Köln VersR 1968, 479). Gleiches gilt im Ergebnis bei einem Unfall auf einer Bundes- oder sonstigen Hauptverkehrsstraße (BGH VersR 1958, 246; OLG Zweibrücken NZV 2017, 488).
Die Gefährlichkeit des Rückwärtsfahrens wird noch erhöht, wenn dies in einer Einbahnstraße geschieht; bei einem Zusammenstoß ist deshalb von der vollen Haftung des Zurücksetzenden auszugehen, soweit nicht den anderen Verkehrsteilnehmer seinerseits ein Verschulden trifft (OLG Düsseldorf NJW-RR 2018, 657; Grüneberg, a.a.O., Rn 266). Die Haftungsverteilung bei einem Zusammenstoß mit einem zurücksetzenden Fahrzeug auf einer sonstigen Straße richtet sich dagegen nach den Umständen des Einzelfalls (Grüneberg, a.a.O., Rn 267).
Beim Einparken in eine Parktasche ist das rückwärtssetzende Fahrzeug normalerweise auf eine längere Strecke zu sehen, so dass bei einem Zusammenstoß i.d.R. von der Mithaftung des anderen Verkehrsteilnehmers zumindest in Höhe der einfachen Betriebsgefahr auszugehen sein wird (KG DAR 1977, 20 [50 %]; OLG Düsseldorf VRS 55, 412 [25 %]). Ist dagegen das zurücksetzende Fahrzeug beim Ausparken aus einer Parktasche nicht von Weitem zu sehen, ist i.d.R. von dessen Alleinhaftung auszugehen (OLG Köln NJW-RR 2011, 1325).
Wer rückwärts aus einer Grundstücksausfahrt auf die Fahrbahn fährt, unterliegt der doppelten Sorgfaltspflicht der §§ 9 Abs. 5, 10 StVO, so dass bei einem Zusammenstoß im Grundsatz von seiner alleinigen Haftung auszugehen ist (OLG Köln NZV 2012, 540). Eine Mithaftung des vorbeifahrenden Fahrzeugs kommt aber insbesondere dann in Betracht, wenn sein Fahrer zu der Ausfahrt keinen ausreichenden Seitenabstand einhält oder trotz Erkennens der Situation nicht rechtzeitig abbremst bzw. nach links ausweicht (KG VM 1987, 45 [50 %]; OLG München NZV 1994, 106 [33 %]; Grüneberg, a.a.O., Rn 270).