Der Kläger begehrt von der Beklagten, einer Fluggesellschaft, die Gewährung von Erholungsurlaub.
Zitat
Die Parteien begründeten mit schriftlichem Arbeitsvertrag vom 13.12.1991 ein Arbeitsverhältnis. Ziff. 1 des Arbeitsvertrags lautet:
"1. Beginn und Ort der Tätigkeit Herr T wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung (voraussichtlich 20.6.1992) als Flugzeugführer mit Einsatzort Köln beschäftigt."
DLT kann Herrn T entsprechend seinen Fähigkeiten und Kenntnissen auch mit einer anderen im Interesse der DLT liegenden Aufgabe im Flugbetrieb betrauen, unter Umständen auch an einem anderen Ort im In- und Ausland.
Das Grundgehalt des Klägers betrug ab Mai 2009 monatlich 9.122,71 EUR brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag Nr. 1 für die Mitarbeiter des Cockpitpersonals der Lufthansa CityLine GmbH vom 17.4.2004 (im Folgenden: MTV) kraft vertraglicher Vereinbarung Anwendung. Unstreitig ist der Kläger aufgrund flugmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 19.11.2008 dauerhaft Fluguntauglich i.S.d. Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (loss of licence). Wegen ihr wird der Kläger von der Beklagten nicht beschäftigt.
Der Kläger hat von der Beklagten u.a. verlangt, ihm den tariflichen Erholungsurlaub i.H.v. 30 Urlaubstagen für das Jahr 2009 zu gewähren. Er ist der Ansicht, die Gewährung von Urlaub setze nicht die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers voraus. Die Beklagte meint demgegenüber, der Kläger könne eine Urlaubsgewährung nicht verlangen, weil der Urlaubsanspruch wegen der Fluguntauglichkeit des Klägers nicht erfüllt werden könne.
Die Klage hatte keinen Erfolg, weil der im Jahr 2009 entstandene Urlaub spätestens am 31.3.2011 verfallen ist. Aufgrund der Arbeitszeitrichtlinie ist § 7 Abs. 3 BUrlG zwar unionsrechtskonform so auszulegen, dass der gesetzliche Urlaub nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Die unionsrechtskonforme Auslegung lässt jedoch nur den aufrechterhaltenen Urlaubsanspruch zu dem im Folgejahr entstandenen Urlaubsanspruch hinzutreten und damit erneut dem Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG unterfallen. Besteht die Arbeitsunfähigkeit auch am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres fort, so gebietet auch das Unionsrecht keine weitere Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs. Der zunächst aufrechterhaltene Urlaubsanspruch erlischt somit zu diesem Zeitpunkt. Der MTV enthält keinen längeren Übertragungszeitraum als § 7 Abs. 3 BUrlG. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Gewährung von 30 Tagen Urlaub unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu. Die Beklagte ist nicht gem. §§ 275 Abs. 1 und Abs. 4, 280 Abs. 1 und Abs. 3, 283 S. 1, 286 Abs. 1 S. 2 i.V.m. S. 1, 287 S. 2, 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger 30 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus dem Jahr 2009 zu gewähren. Zwar hat der Kläger den Urlaubsanspruch rechtzeitig geltend gemacht. Die Beklagte konnte dem Kläger jedoch keinen Urlaub gewähren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hängt die Erfüllbarkeit des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nach dem nationalen Urlaubsrecht von der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers ab. Wer arbeitsunfähig krank ist, kann durch Urlaubserteilung von seiner Arbeitspflicht nicht mehr befreit werden. Eine Freistellungserklärung des Arbeitgebers kann nach § 362 Abs. 1 BGB das Erlöschen des Urlaubsanspruchs nur bewirken, soweit für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers besteht. Kann der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeit nicht mehr erbringen, wird ihm die Arbeitsleistung nachträglich unmöglich. Er wird nach § 275 Abs. 1 BGB von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet. Es handelt sich um eine Leistungsstörung auf Seiten des Arbeitnehmers.
Hinweise:
- Das BAG stellt die Unionskonformität seiner Rechtsprechung ohne Vorlageentscheidung nach Art. 267 EUV fest.
- Der 9. Senat führt die Parallelentscheidung zu Schulz-Hoff, den englischen Fall "Stringer" an, wonach die Konkurrenz von Krankheit und Urlaub dem nationalen Recht unterfällt. Weiter, das Verbot der Urlaubsabgeltung. Auch Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sage nichts zu den Bedingungen für die Gewährung von Urlaub. Nach nationalem Recht bestimmten § 9 BUrlG und § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG die Nichterfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs bei Krankheit. Ob der Urlaubszweck – trotz Leistungsstörung – hätte erfüllt werden können, sei unerheblich.