Immer wieder ist in den vergangenen Jahren eine "Reform" der StPO angemahnt worden (vgl. dazu z.B. Löffelmann StV 2018, 536; s. aber auch zur Kritik u.a. die Stellungnahme der BRAK Nr. 30/2019 vom November 2019, S. 1 ff. unter https://www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmen-deutschland/2019/november/stellungnahme-der-brak-2019-30.pdf ). Besonders laut sind die Rufe aus der Justiz, wie z.B. vom sog. Strafkammertag, gewesen, die meist unter der Überschrift: "Verteidiger verzögern durch unnötige Anträge" für eine Beschleunigung der Verfahren plädiert haben (vgl. dazu nur die Pressemitteilung des OLG Bamberg Nr. 15/2017 v. 26.9.2019 und Sandherr DRiZ 2017, 338, 341; dazu Dallmeyer StV 2018, 533). Auch der Koalitionsvertrag der GroKo vom 7.2.2018 hatte sich die Modernisierung der StPO und eine Beschleunigung des Strafverfahrens auf die Fahnen geschrieben, Stichwort: "Pakt für den Rechtsstaat".
Diese Rufe – vornehmlich aus der Justiz – sind nicht ungehört geblieben. Die Bundesregierung hat am 14.5.2019 sog. Eckpunkte zur Modernisierung des Strafverfahrens vorgelegt, dem ist dann im Juni 2019 der Referentenentwurf des BMJV zum "Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens" gefolgt. Dieser ist dann übergegangen in den Regierungsentwurf zum "Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens". Der hat Zustimmung, aber auch harsche Kritik erfahren, auf die hier im Einzelnen aber nicht eingegangen werden soll (vgl. dazu die unter https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Modernisierung_Strafverfahren.html zusammengestellten Stellungnahmen verschiedener Verbände/Gerichte).
Das anschließende Gesetzgebungsverfahren war von beispielloser Eile geprägt: Die BT-Drucksache 19/14747 vom 5.11.2019 ist im Bundestag bereits am 7.11.2019 in erster Lesung gelesen und an die Ausschüsse überwiesen worden (BT-Plenarprotokoll 19/124, S. 15293D–15306B). Bereits am 11.11.2019 hat im federführenden Rechtsausschuss eine Sachverständigenanhörung stattgefunden (wegen der Einzelheiten s. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw46-pa-recht-modernisierung-strafverfahren-665548 ). Aufgrund der Beschlussvorlage des Rechtsausschusses 19/15161 ist der Gesetzentwurf dann bereits am 15.11.2019 in zweiter und dritter Lesung im Bundestag gelesen und in der Ausschussfassung angenommen worden (vgl. BT-Drucks 19/14747 und 19/15161). Der Bundestag hat den Bundesrat von der Annahme des Gesetzes unterrichtet. Dieser hat in seiner Sitzung vom 29.11.2019 den Vermittlungsausschuss nicht angerufen.
Hinweis:
Das "Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens v. 10.12.2019" (im Folgenden kurz: Gesetz) ist am 12.12.2019 im BGBl verkündet worden (vgl. BGBl I, S. 2121). Nach Art. 10 S. 1 des Gesetzes sind die Neuregelungen damit am Tag nach der Verkündung, also am 13.12.2019, in Kraft getreten.
Da es sich um Verfahrensrecht handelt, sind/waren sie ohne Einschränkung auch in bereits laufenden Straf- und Bußgeldverfahren anzuwenden.
Der Beitrag gibt im vorliegenden ersten Teil einen Überblick über die wichtigsten Änderungen im Ermittlungsverfahren (vgl. im Übrigen Burhoff, StPO 2019, Rn 14 ff.). Vorgestellt werden außerdem in einem Exkurs (vgl. II) Änderungen, die schon durch das "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" vom 17.8.2017 (BGBl I, S. 3202) in § 136 Abs. 4 StPO vorgenommen worden sind, die aber erst am 1.1.2020 in Kraft getreten sind. In einem zweiten Teil werden zu einem späteren Zeitpunkt in der ZAP noch die wichtigsten Änderungen durch das Gesetz hinsichtlich der Hauptverhandlung vorgestellt.