1. BYOD ("Bring your own device")
Im ersten hier vorzustellenden Fall bot ein Start-up digitale Bestellungen bei Restaurants an, die dann durch Fahrradkuriere ausgeliefert wurden. Die Einsatzpläne, Restaurant- und Kundenadressen mussten die Kuriere über eine App abrufen. Einer von ihnen verklagte das Unternehmen darauf, dass es ihm hierfür ein Smartphone mit entsprechendem Datenvolumen und ein Fahrrad zur Verfügung stellen solle. In den AGB des Start-ups fehlten diese Gegenstände in der Auflistung der vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Gegenstände.
Das Hessische LAG. (Urt. v. 19.2.2021 – 14 Sa 306/20; Urt. v. 21.3.2021 – 14 Sa 1158/20) ordnete derartige Kuriere zunächst als Arbeitnehmer ein. Aus dem Beschäftigungsanspruch leite sich ab, dass Arbeitsmittel arbeitgeberseitig zu stellen seien, §§ 611a, 615 S. 3, 618 BGB (vgl. BAG, Urt. v. 14.10.2003, 9 AZR 657/02; Urt. v. 12.4.2011 – 9 AZR 14/10). Da die AGB die Arbeitsmittel ohne Fahrrad und Smartphone abschließend auflisteten, waren diese Gegenstände als arbeitgeberseitig zustellende Arbeitsmittel abbedungen.
Dies betrachtete das LAG wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Kuriers als unwirksam (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Den Einwand des Lieferdienstes, der Kurier besäße doch "sowieso" ein Fahrrad und ein Smartphone, ließ das LAG nicht gelten. Denn beide Gegenstände stellen erhebliche Vermögenswerte dar, die abgenutzt werden, aber auch beschädigt oder verloren gehen können. Dieses Risiko ist jedoch nicht auf den Arbeitnehmer abzuwälzen. Da half es auch nichts, dass das Start-up ein Guthaben, mit 0,25 EUR je gearbeiteter Stunde, zugunsten des Kuriers für Fahrradreparaturen ansparte.
Hinweis:
"BYOD" gilt also für Beschäftigte in Start-ups nicht, sofern Arbeitsmittel vom Start-up zur Verfügung gestellt werden müssen. Die entsprechenden Kosten sind einzukalkulieren. Gegebenenfalls kann ein Einsatz von dem Arbeitnehmer gehörenden Gegenständen zulässig sein, wenn ihm analog zu § 670 BGB ein entsprechender Ausgleichsanspruch eingeräumt würde.
2. Diskriminieren Start-ups ältere Bewerber?
"Wir bieten ... junges Team mit flachen Hierarchien, das dir echten Gestaltungsspielraum lässt ...", so warb ein 2017 gegründetes Berliner Start-up um Bewerber für eine Stelle als Junior Key Account Manager. Tatsächlich arbeiten in Start-ups tendenziell eher jüngere Leute. Einem Bewerber für diese Stelle, Jahrgang 1972, sagte das Start-up ab, der daraufhin das Unternehmen wegen ungerechtfertigter Altersdiskriminierung auf eine Entschädigung i.H.v. 7.500 EUR gem. §§ 1, 7 Abs. 1, 15 Abs. 1, 2 AGG verklagte.
Die Beschreibung des Start-ups als "junges Team" indiziere die Diskriminierung gem. § 22 AGG. In der Tat hat das BAG bereits im Jahr 2016 entschieden, dass die Wortwahl "junges und dynamisches Team" dahin gehend verstanden werden könnte, dass nur jüngere Bewerber in Frage kämen (BAG, Urt. v. 11.8.2016 – 8 AZR 406/14).
Das LArbG Berlin-Brandenburg sah das hier anders (Urt. v. 1.7.2021 – 5 Sa 1573/20): Die Bezeichnung als "junges Team" sei eine Zustandsbeschreibung des existierenden Teams in dem noch jungen Start-up und kein Anforderungsmerkmal für die ausgeschriebene Stelle. Auch die Bezeichnung der Stelle als "Junior" Key Account Manager löse keine Altersdiskriminierung aus. Sie sei auf die Stellung des neuen Mitarbeiters in dem Unternehmen zu beziehen, nicht jedoch auf das Lebensalter als Einstellungsvoraussetzung. Auch die Ansprache potenzieller Bewerber in der zweiten Person indiziere keine Altersdiskriminierung, weil es heute in vielen Unternehmen üblich sei, dass man sich auch unter älteren Beschäftigten duze. Die Ausschreibung stelle daher kein Indiz für eine Altersdiskriminierung dar. Das LAG wies die Klage ab.
Hinweis:
Auch wenn dieser Fall für das Start-up hier gut ausging, zeigt der Vergleich mit dem BAG-Urteil, dass bei derartigen Ausschreibungen der Spielraum rechtlich zulässiger Formulierungen schnell ausgeschöpft ist. Wenn diese Attribute verwendet werden sollen, dann ist darauf zu achten, dass sie ausschließlich als Ist-Beschreibung des bestehenden Teams verwendet werden.
3. Gründung von Betriebsräten
Betriebsräte und Start-ups – das passt nur auf den ersten Blick nicht zusammen. Bei "Flaschenpost", einem 2016 gegründeten Getränkelieferanten mit mittlerweile über 500 Mitarbeitern, sollte eine am 2.4.2020 geplante Betriebsratswahl durch eine Einstweilige Verfügung verhindert werden. Ende 2019 veranlassten drei Mitarbeiter und die Gewerkschaft NGG eine Betriebsversammlung, um einen Wahlvorstand zu bestellen. Auf Anregung des Unternehmens fand diese am 27.1.2020 statt. Es nahmen nur 34 Mitarbeiter teil, die einen Wahlvorstand wählten. Das Unternehmen sah wegen der geringen Beteiligung den Grundsatz der allgemeinen Wahl verletzt und beantragte die Untersagung der Wahl. Das LAG Düsseldorf (Beschl. v. 25.3.2020 – 7 TaBVGa 2/20) gab dem nicht statt, die Wahl fand statt.
Ein Verfahrensmangel, der zu einem Abbruch des Wahlverfahrens führe, müsse so offensichtlich sein, dass in eine gültige Betriebsratswahl nicht mehr vertraut werden könne. Das sei hier nicht der Fall. Das LAG weist...