1. Zulässigkeit der Ermäßigung eines Erhöhungsverlangens
Der Vermieter ist berechtigt, innerhalb eines Mieterhöhungsverfahrens nach §§ 558 ff. BGB sein formell ordnungsgemäßes vorprozessuales Erhöhungsverlangen gem. § 558a BGB nachträglich, z.B. mit Erhebung der Zustimmungsklage, zu ermäßigen. Einer nochmaligen – den Lauf der in § 558b Abs. 1, 2 BGB geregelten Fristen von Neuem auslösenden Erklärung und Begründung nach § 558a BGB bedarf es hierfür nicht (BGH WuM 2022, 331 = GE 2022, 631 = MDR 2022, 1011 = ZMR 2022, 626 = NZM 2022, 961 = MietPrax-AK § 558a BGB Nr. 46 m. Anm. Börstinghaus; Lehmann-Richter, MietRB 2022, 195; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 14/2022 Anm. 1; Drasdo, NJW-Spezial 2022, 450).
2. Inhalt des Mieterhöhungsverlangens
Gemäß § 558a Abs. 1 BGB muss das Erhöhungsverlangen vom Vermieter begründet werden. Damit soll die Möglichkeit zu einer außergerichtlichen Einigung bei einem Mieterhöhungsverlangen gefördert und überflüssige Zustimmungsklagen vermieden werden. Die Begründung soll dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens geben, damit er während der Überlegungsfrist die Berechtigung der Mieterhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig werden kann, ob er dem Mieterhöhungsverlangen zustimmt oder nicht. Dazu muss das Erhöhungsverlangen Angaben über diejenigen Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können. Die Anforderungen, die der BGH an diesen Tatsachenvortrag stellt sind bekanntlich gering. Danach ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Vermieter dem Mieter im Zustimmungsverlangen Tatsachen mitteilt, die es diesem ermöglichen, der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachzugehen und dieses wenigstens ansatzweise überprüfen zu können (BGH, Beschl. v. 14.6.2022 – VIII ZR 361/20, WuM 2022, 684 = MietPrax-AK § 558a BGB Nr. 47 m. Anm. Börstinghaus).
3. Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Prozess
Soweit es für den Mietspiegel Einordnungs- oder Orientierungshilfen gibt, sind diese für die Gerichte nicht bindend; die Gerichte können sie aber i.R.d. Schätzung gem. § 287 ZPO anwenden (BGH, Beschl. v. 14.6.2022 – VIII ZR 24/21, BGH GE 2022, 953 = WuM 2022, 685 = NZM 2022, 960 = MietPrax-AK § 558b BGB Nr. 9 m. Anm. Börstinghaus). Es handelt sich insoweit um ein in sich abgestimmtes Beurteilungskonzept. Die „Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung” nimmt aber nicht an der Indizwirkung des Mietspiegels teil. Sie stellt nur eine Schätzgrundlage nach § 287 Abs. 2 ZPO dar. Da eine Indizwirkung mittelbar eine volle richterliche Überzeugung gem. § 286 Abs. 1 ZPO ermöglichen, die Orientierungshilfe aber nur als Schätzungsgrundlage nach § 287 Abs. 2 ZPO dienen soll, kann sie wegen dieses geringeren Beweismaßes an der Indizwirkung eines einfachen Mietspiegel nicht teilnehmen. § 287 Abs. 2 ZPO stellt an das Maß der Überzeugungsbildung des erkennenden Richters geringere Anforderungen als die Vorschrift des § 286 ZPO.
4. Modernisierungsmieterhöhung
Eine Mieterhöhungserklärung gem. § 559b BGB nach einer Modernisierungsmaßnahme ist eine einseitige Gestaltungserklärung, mittels derer der Vermieter die Miete erhöhen kann. Voraussetzung ist, dass es sich zum einen materiell um eine Modernisierungsmaßnahme nach § 555b BGB gehandelt hat und das die Erklärung den formellen Anforderungen des § 559b BGB genügt. Hierfür schreibt das Gesetz vor, dass der Vermieter die Erhöhung „berechnen und erläutern” muss. Dies soll ein Ausgleich für die nicht erforderliche Zustimmung des Mieters sein (Zweifel bei Sternel, PiG 110 [2021], 109 [110]). Der genaue Umfang der erforderlichen Angaben ist in der Praxis immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Der VIII. Senat des BGH hat im Berichtszeitraum in zwölf Entscheidungen hierzu Stellung genommen (drei Urteile des BGH v. 20.7.2022: VIII ZR 361/21; VIII ZR 337/21; VIII ZR 339/21; vier Urteile v. 28.9.2022: VIII ZR 336/21; VIII ZR 340/21; VIII ZR 344/21; VIII ZR 338/21, NZM 2023, 33; fünf Urteile v. 9.11.2022: VIII ZR 316/21; VIII ZR 333/21; VIII ZR 331/21; VIII ZR 335/21; VIII ZR 345/21 und Urt. v. 23.11.2022: VIII ZR 59/21, GE 2022, 893 = WuM 2022, 542 = MDR 2022, 1145 = NJW-RR 2022, 1455 = NZM 2022, 795 = ZMR 2022, 951; NZM 2023, 33). Dabei hat der VIII. Senat des BGH folgende Rechtsprechungsgrundsätze entwickelt:
- Es genügt, wenn der Vermieter in einem Mieterhöhungsschreiben gem. § 559b BGB, mit dem er wegen mehreren baulichen Veränderungen die Miete erhöht, die Kosten auf die verschiedenen Maßnahmen aufteilt.
- Eine weitergehende Unterteilung nach Gewerken ist nicht erforderlich. Nach Ansicht des Senats sei eine solche zusätzliche Aufteilung der Kosten mit keinem Erkenntnisgewinn für den Mieter verbunden.
- Keine Aufteilung nach einzelnen Modernisierungsmaßnahmen ist ausnahmsweise bei den Baunebenkosten erforderlich. Diese können auch bei mehreren Maßnahmen zusammen angegeben werden, da sie sich nach den gesamten Baukosten berechnen.
- Instandhaltungskosten müssen ang...