Methodisch wird beim Ertragswertverfahren der gemeine Wert getrennt nach
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Grund und Boden und |
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Gebäude |
ermittelt. Im Ertragswertverfahren wird genau genommen nur der Wert der baulichen Anlagen auf der Grundlage des für diese Grundstücke nachhaltig erzielbaren Ertrags ermittelt. Dazu addiert wird der Wert des Grundstücks, den es hat, wenn es unbebaut wäre (Bodenwert). Ist der Gebäudeertragswert negativ, ist mindestens der Bodenwert anzusetzen (§ 184 BewG). Sonstige bauliche Anlagen, insbesondere Außenanlagen, sind regelmäßig mit dem Ertragswert des Gebäudes erfasst und werden nicht gesondert berücksichtigt. Eine Anpassung an den Verkehrswert durch eine sog. Wertzahl ist beim Ertragswertverfahren nicht vorgesehen.
Bodenwert
Der Bodenwert errechnet sich gem. § 179 BewG aus dem aktuellen Bodenrichtwert x Fläche, Näheres siehe oben. Der so ermittelte Bodenwert ist unselbstständiger Teil der Feststellung des Ertragswerts für das gesamte Gebäude.
Gebäudeertragswert
Der Gebäudeertragswert ergibt sich durch Kapitalisierung des Nettoreinertrags des Gebäudes (§ 185 Abs. 1 und 3 BewG). Ausgangspunkt dafür ist die tatsächliche vereinbarte Jahresmiete bzw. die übliche Jahresmiete (ohne Berücksichtigung der Betriebskosten) (§ 186 BewG). Die Miete ist zunächst um die Grundstücksbewirtschaftungskosten zu mindern; der Gesetzgeber unterstellt, dass diese gewöhnlich in die Miete eingerechnet sind. Sind Bewirtschaftungskosten nicht individuell bestimmbar, können sie gem. § 187 Abs 2 Satz 2 BewG aus Anlage 23 zum BewG entnommen werden. Dann ist der Grundstücksertrag auf den Gebäudeertrag einzuschränken, indem aus der um die Bewirtschaftungskosten geminderten Jahresmiete der darin enthaltene Ertragsanteil für den Grund und Boden herauszurechnen ist. Der so gefundene Reinertrag des Gebäudes ist mit einem bestimmten Vervielfältiger zu multiplizieren und ergibt dann den Gebäudeertragswert. Die Bestimmung des Vervielfältigers richtet sich nach dem sog. Liegenschaftszins und der Restnutzungsdauer des Gebäudes; er ist aus Anlage 21 zum BewG in Abhängigkeit zum Liegenschaftszins zu entnehmen. Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer ist aus Tabelle 22 zum BewG zu entnehmen.
Rohertrag = tatsächliche vereinbarte Jahresmiete/übliche Bruttomiete ohne Betriebskosten
abzgl. Bewirtschaftungskosten
ergibt Reinertrag des Grundstücks
abzgl. Bodenwertverzinsung (= Bodenwert x Liegenschaftszinssatz)
ergibt Reinertrag des Gebäudes
Reinertrag x Vervielfältiger lt. Anlage 21 zum BewG
ergibt Gebäudeertragswert
Die Begriffe "Rohertrag", "Bewirtschaftungskosten", und "Liegenschaftzinsen" sind in den §§ 185 bis 188 BewG näher geregelt. Bei den Liegenschaftszinssätzen handelt es sich um aus den Kaufpreissammlungen abgeleitete Grundstücks-(Boden-)erträge. Die Ableitung ist grundsätzlich Aufgabe der Gutachterausschüsse (§ 193 Abs. 3 BauGB). Soweit im Einzelfalle nicht hinreichend genaue Liegenschaftszinssätze greifbar sind, gelten ersatzweise die in § 188 BewG aufgezählten Zinssätze. Die Restnutzungsdauer ergibt sich aus der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer lt. Anlage 22 zum BewG abzgl. des Gebäudealters am Besteuerungszeitpunkt. Die Restnutzungsdauer kann durch Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen verlängert sein, insbesondere durch konstruktive Maßnahmen. Das Gesetz legt eine Mindestrestnutzungsdauer von 30 % der Gesamtnutzungsdauer fest, sodass z. B. ältere Mietwohngrundstücke immer noch eine Restnutzungsdauer von 24 Jahren haben (30 % von 80 Jahren).
Berechnungsbeispiel:
Mietwohnhaus 25 Jahre alt mit einem Rohertrag von 100.000 EUR und einem Bodenwert (Bodenrichtwert mal Grundstücksfläche) von 250.000 EUR.
Lösung: Rohertrag 100.000 EUR abzgl. 27 % Bewirtschaftungskosten = 73.000 EUR abzgl. Bodenwertverzinsung 250.000 EUR x 5 % = 12.500 EUR ergibt 60.500 EUR Reinertrag mal 18.63 = 1.127.115 EUR zzgl. Bodenwert von 250.000 EUR ergibt 1.377.115 EUR (etwa 13,7-faches des Rohertrags).
Anm.: Miethäuser sind nur mit 90 % ihres Werts anzusetzen, hier 1.239.403 EUR.
Zum Vergleich: nach geltendem Recht ergäbe sich ein Bedarfswert von 1.093.750 (100.000 x 12,5 ./. 12,5 %).
Alt: Wäre das Gebäude älter als 80 Jahre, käme als Reinertragsvervielfältiger 13,80 (24 Jahre) zur Anwendung (60.500 EUR x 13,80 = 834.900 EUR + Bodenwert), ergäbe 1.084.900 EUR.
Zum Vergleich nach bisherigem Recht (100.000 x 12,5 ./. 25 % = 937.500 EUR.