1. Zweck eines Aufgebots
Die öffentliche Aufforderung an unbekannte Beteiligte, Rechte oder Ansprüche anzumelden, nennt das Gesetz "Aufgebot", was nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht. Früher war es in § 948 a.F. ZPO geregelt, dann hat man es in das FamFG (§ 435) verschoben. "Die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots erfolgt durch Aushang an der Gerichtstafel und durch einmalige Veröffentlichung in dem Bundesanzeiger" (§ 435 Abs. 1 S. 1 FamFG). Liest man dies, meint man, der Gesetzgeber habe alles Vertretbare getan, um eventuell Beteiligte zu informieren. Das wird noch durch Absatz 2 bestärkt: "Das Gericht kann anordnen, das Aufgebot zusätzlich auf andere Weise zu veröffentlichen;" tatsächlich waren die Aufgebote einst in der Tageszeitung veröffentlicht, man las das beiläufig. Früher stand sogar noch im Gesetz "mehrfach oder in anderen Blättern".
2. Faktischer Wegfall des Papieraushangs
Den Papier-Aushang zu studieren kann sich als schwierig erweisen. Als ich kürzlich bei einem Amtsgericht in Bayern nachmittags um 15 Uhr zum Aushang wollte, scheiterte ich an der Zugangskontrolle. "Da können Sie nicht rein, nachmittags haben wir keinen Parteiverkehr".
Den Aushang zu erstellen und das Anbringen sowie Abhängen von der Tafel macht dem Urkundsbeamten Arbeit. Um das vermeiden zu können, steht in § 435 Abs. 1 S. 2 FamFG: “Anstelle des Aushangs an der Gerichtstafel kann die öffentliche Bekanntmachung in einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem erfolgen, das im Gericht öffentlich zugänglich ist.“ Von dieser "Kann-Regelung" wird anscheinend durchgehend Gebrauch gemacht: Das Aufgebot steht nur noch im elektronischen Bundesanzeiger, einen Aushang gibt es nicht mehr, in der Tageszeitung steht sowieso seit Jahren kein deutsches Erben-Aufgebot mehr (obwohl § 435 Abs. 2 FamFG das gestattet). Gibt es den öffentlich zugänglichen Computer beim Amtsgericht? Ich habe keinen gesehen, der Leitung des Amtsgerichts war § 435 Abs. 2 FamFG nicht bekannt. Weil nicht jeder mit dem Computer umgehen kann, ist meines Erachtens zweifelhaft, ob das rechtliche Gehör noch gewahrt ist.
3. Elektronischer Bundesanzeiger
Der Bundesanzeiger ist ein Bekanntmachungsorgan u.a. für gerichtliche Bekanntmachungen, z.B. in Nachlasssachen. Früher wurde er gedruckt, seit Einführung des elektronischen Bundesanzeigers (eBAnz) gibt es eine gedruckte Ausgabe nur noch gelegentlich. Der Bundesanzeiger wird vom Bundesjustizministerium herausgegeben und erscheint im Bundesanzeiger Verlag, der seit 2006 einer privaten Mediengruppe gehört. Dass ein amtliches Blatt von einem privaten Unternehmen herausgegeben wird, ist problematisch; was wäre die Folge, wenn chinesische oder amerikanische Investoren den Verlag kaufen? Der Vertrag mit dem Herausgeber ist dann faktisch wenig wert.
4. Preise und AGB des eBAnz
Die Preise für Veröffentlichungen richten sich nach der "Preisliste Bundesanzeiger für entgeltliche Publikationen" (unter dieser Bezeichnung über Google zu finden), Stand 1.1.2016. Je nach Anlieferungsformat (Word, PDF usw.) und Datenmenge kostet das Zeichen (ohne Leerzeichen) 0,13 Cent bis 1,25 Cent, bei Papiereinreichung 2,50 Cent, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer, mindestens aber 25 EUR. Als Privatunternehmen hat der eBAnz natürlich auch Allgemeine Geschäftsbedingungen; dort sind technische Vorgaben ("Die Daten müssen per Internet über www.publikations-plattform.de übermittelt werden") geregelt.