Leitsatz
An den Nachweis von Existenz und Inhalt eines Testaments, dessen Urkunde nicht vorgelegt werden kann, sind strenge Anforderungen zu stellen.
OLG München, Beschluss vom 16. April 2008 – 31 Wx 94/07
Sachverhalt
Die verwitwete kinderlose Erblasserin ist am 12.11.2006 im Alter von 91 Jahren verstorben. Die Beteiligten zu 1 bis 9 sind Verwandte, die als gesetzliche Erben in Betracht kommen. Die Beteiligte zu 10 ist die Tochter der früheren Arbeitgeberin der Erblasserin. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus einem Hausgrundstück im Wert von rund 120.000 EUR und Bankguthaben in etwa gleicher Höhe.
Ein am 26.6.2001 in amtliche Verwahrung gegebenes privatschriftliches Testament hat die Erblasserin am 26.10.2006 zurückgenommen. Das Testament wurde nach dem Tod der Erblasserin nicht aufgefunden. Der Entwurf eines notariellen Testaments, der aufgrund einer Besprechung mit der Erblasserin am 23.10.2006 erstellt wurde, sieht die Beteiligte zu 10 als Alleinerbin vor. Zur Beurkundung der letztwilligen Verfügung und der ebenfalls zugunsten der Beteiligten zu 10 vorgesehenen Generalvollmacht kam es nicht mehr, da die Erblasserin am 29.10.2006 einen Schlaganfall erlitt, an dessen Folgen sie verstarb.
Die Beteiligten zu 1 bis 9 gehen davon aus, dass die Erblasserin das eigenhändige Testament vernichtet hat. Dessen Inhalt sei nach Angaben der Erblasserin gewesen, dass die Beteiligte zu 2 das Haus und die Beteiligten zu 6 bis 9 das Geldvermögen erhalten sollten. Die Beteiligte zu 2 hat einen Erbschein entsprechend der gesetzlichen Erbfolge beantragt, der als Miterben die Beteiligten zu 1 und 2 zu je 1/4, die Beteiligten zu 3 bis 5 zu je 1/8 und die Beteiligten zu 6 bis 9 zu je 1/32 ausweist. Die Beteiligte zu 10 ist dem entgegengetreten. Sie meint, das eigenhändige Testament sei ohne Zutun der Erblasserin verloren gegangen. Danach habe die Beteiligte zu 2 das Haus und sie selbst das Geldvermögen erhalten sollen.
Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 28.3.2007 angekündigt, einen Erbschein entsprechend der gesetzlichen Erbfolge zu erteilen. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei davon auszugehen, dass die Erblasserin das aus der Verwahrung genommene Testament selbst vernichtet habe. Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 10 Beschwerde eingelegt. (…) Mit Beschluss vom 6.11.2007 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 10.
Aus den Gründen
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kammer sei davon überzeugt, dass die Erblasserin ein formgültiges handschriftliches Testament errichtet habe. Hinsichtlich des Inhalts blieben jedoch auch nach der durchgeführten Beweisaufnahme Zweifel, die zulasten der Beteiligten zu 10 gingen. (…) Es sei auch durchaus möglich, dass die Erblasserin gegenüber den verschiedenen Personen sich unterschiedlich zum Inhalt des Testaments geäußert habe. Was tatsächlich der Inhalt war, könne auch nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht geklärt werden. Auf den etwaigen Widerruf komme es deshalb nicht mehr an.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Gemäß den §§ 2355, 2356 Abs. 1 Satz 1 BGB ist zum Nachweis eines testamentarischen Erbrechts grundsätzlich die Urschrift der Urkunde vorzulegen, auf die das Erbrecht gestützt wird (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 67. Aufl., § 2356 Rn 9). Ist diese jedoch nicht auffindbar (vgl. § 2356 Abs. 1 Satz 2 BGB), können die Errichtung und der Inhalt eines Testaments auch mit Hilfe anderer Beweismittel dargetan werden, wobei an den Nachweis strenge Anforderungen zu stellen sind (BayObLGZ 2004, 91/92; BayObLG FamRZ 2001, 945/946 mwN; KG FamRZ 2007, 1197; OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 1313/1314; Soergel/Mayer BGB 13. Aufl., § 2247 Rn 44). Davon ist das Landgericht ausgegangen.
b) Die Frage, ob der Erblasser ein formgültiges Testament errichtet hat und welchen Wortlaut es enthält, liegt auf tatsächlichem Gebiet. Die hierzu vom Gericht der Tatsacheninstanz getroffenen Feststellungen können im Verfahren der weiteren Beschwerde nur daraufhin überprüft werden, ob es den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend ermittelt (§ 12 FGG, § 2358 Abs. 1 BGB) und bei der Erörterung des Beweisstoffs alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die Denkgesetze oder gegen feststehende Erfahrungssätze verstoßen und ob es die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat (st. Rspr., vgl. BayObLGZ 2004, 91/93 mwN).
c) Die Sachverhaltsermittlung und die Beweiswürdigung des Landgerichts sind frei von derartigen Rechtsfehlern. (…)
Das Landgericht war auch nicht gehalten, weitere Ermittlungen zum Verbleib des privatschriftlichen Testaments anzustellen, nachdem es bei der nach der Beerdigung im Beisein der Beteiligten zu 10 durchgeführten Suche im Haus der Erblasserin nicht gefunden wurde.
3. Zu Unrecht beanstandet die weitere Beschwerde die Kost...