Pflichtteilsstrafklauseln sind v. a. beim sog. Berliner Testament bekannt. Darin setzen sich Eheleute gegenseitig nach dem Erstversterbenden zum Alleinerben ein. Die übrigen gesetzlichen Erben, insbesondere die Abkömmlinge, sind damit nach dem erstversterbenden Ehegatten enterbt. Sie sind erst zu Schlusserben eingesetzt (sog. Einheitslösung, § 2269 BGB). Die Erblasser erwarten, dass die Abkömmlinge diesen letzten Willen hinnehmen und nach dem erstversterbenden Ehegatten auch nicht ihren Pflichtteil geltend machen. Damit sich ein eingesetzter Schlusserbe dieser Erbfolge nach dem erstverstorbenen Elternteil nicht sanktionslos widersetzen kann, indem er den Pflichtteil geltend macht, wird er für diesen Fall auch nach dem letztverstorbenen Ehegatten enterbt. Unter Umständen werden die übrigen, willfährigen Schlusserben mit Vermächtnissen nach dem erstverstorbenen Ehegatten, die jedoch erst im Schlusserbfall fällig werden, belohnt (sog. Jastrow’sche Klausel).
Unterstellt, die Erblasser haben entsprechend testiert und ein Ehegatte ist unter Hinterlassung eines werthaltigen Nachlasses vom Überlebenden beerbt worden. Weiter bezieht einer der erst zu Schlusserben eingesetzten, jedoch nach dem Erstversterbenden enterbten Angehörigen Sozialleistungen. Hier stellt sich die Frage, ob der Leistungsträger den auf ihn übergegangenen bzw. übergeleiteten Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten geltend machen darf, obwohl dies die Enterbung nach dem Letztversterbenden nach sich ziehen könnte. Hierzu hat den BGH wiederholt entschieden, dass Pflichtteilsstrafklauseln die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch den Sozialleistungsträger nicht verhindern. Sie können vielmehr u. U. (Tatfrage!) dahingehend ergänzend (§§ 133, 157 BGB) und einschränkend ausgelegt werden, dass sie nicht gelten, wenn der Leistungsträger (und nicht der Pflichtteilsberechtigte selbst) den Pflichtteil geltend macht.
Damit wird insbesondere beim Behindertentestament verhindert, dass der Leistungsträger auch nach dem (u. U. ungleich vermögenderen) letztversterbenden Ehegatten den Pflichtteil geltend machen kann; dort ist für das behinderte nicht befreite Vorerbschaft über eine den halben gesetzlichen Erbteil übersteigenden Erbquote und Dauertestamentsvollstreckung hieran angeordnet – richtigerweise sollte dies auch schon nach dem erstversterbenden Elternteil bestimmt sein. Ist Testamentsvollstreckung über den Nachlass angeordnet, so kann der Leistungsträger den Pflichtteil des Leistungsempfängers nicht gegen die Erben durchsetzen (§ 2214 BGB), wohl dagegen Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den vom Erben personenverschiedenen Beschenkten nach § 2329 BGB. Unterliegt der Pflichtteil der Testamentsvollstreckung – Fall des § 2338 BGB (Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht) –, geht der Pflichtteil zwar auf den Leistungsträger über, doch kann ihn dieser nicht geltend machen (§ 2212 BGB).