Leitsatz
1. Führt die Prüfung des Erbscheinsantrags wegen nicht behebbarer Mängel endgültig zu einem negativen Ergebnis, so ist der Antrag durch Beschluss zurückzuweisen; eine – für das Erbscheinsverfahren gesetzlich nicht geregelte – Zwischenverfügung kann allenfalls dann ergehen, wenn sie einen behebbaren Mangel betrifft.
2. Ist zum Zeitpunkt des Erbfalls ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen, so ist für die Entscheidung über einen Erbscheinsantrag ausschließlich das Landwirtschaftsgericht – und nicht das Nachlassgericht – zuständig, § 18 Abs. 2 HöfeO.
3. Allein das formale Kriterium des Hofvermerks begründet auch dann die Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs weggefallen war; gegebenenfalls hat das Landwirtschaftsgericht in der Sache bürgerliches Recht anzuwenden (Anschluss an OLG Celle, Beschl. v. 15.4.2011 – 7 W 23/11 [L]).
OLG Braunschweig, Beschl. v. 29.6.2021 – 3 W 32/21
1 Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt einen Erbschein; das Nachlassgericht ist der Ansicht, es sei nicht zuständig, da bezüglich des im Nachlass enthaltenen Grundvermögens zum Zeitpunkt des Erbfalls noch ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen war.
Der Antragsteller ist einer von vier Abkömmlingen der Erblasserin und ihres im Jahr 2011 vorverstorbenen Ehemannes. Die Erblasserin und ihr Ehemann verfügten mit gemeinschaftlichem privatschriftlichem Testament vom 9.9.2009 (Bl. 3 d.BA 5 IV 202/11) wie folgt:
"Ich, [der Ehemann der Erblasserin], bin Eigentümer des Hofes in … Dieser ist eingetragen im Grundbuch von … , Blatt … Bei der Besitzung handelt es sich um einen Hof im Sinne der Höfeordnung."
Dies vorausgeschickt, berufen wir uns gegenseitig zu Vorerben, wobei das hoffreie Vermögen, Sparguthaben, Wertpapiere, Erträge aus Versicherungen, Beteiligungen, in die Vorerbschaft einbezogen ist.
Von den gesetzlichen Beschränkungen ist der Vorerbe befreit.
Ich, [der Ehemann der Erblasserin], berufe meine Ehefrau außerdem zur Hofvorerbin. Sofern mich meine Ehefrau überlebt, kann sie unter unseren Abkömmlingen den Hoferben bestimmen.
Weitere Verfügungen wollen wir nicht treffen. Unsere vorstehenden Verfügungen sind wechselbezüglich.“
Nach dem Tod des Ehemannes beantragte die Erblasserin zunächst mit notarieller Urkunde vom 12.2.2013 (Ablichtung Bl. 19 d.A.) die Löschung des Hofvermerks, die jedoch nicht erfolgte. Sodann beantragte sie ein Hoffolgezeugnis, das das Landwirtschaftsgericht am 16.10.2013 (Bl. 59 d.BA 4 Lw 32/11) erteilte. Nach diesem Hoffolgezeugnis und Erbschein hat die Erblasserin ihren Ehemann bezüglich des Hofes und des hoffreien Vermögens als Vorerbin allein beerbt und sie kann den Nacherben unter den vier Abkömmlingen der Eheleute bestimmen. Die Erblasserin bestimmte jedoch keinen Nacherben.
Nach dem Tod der Erblasserin beantragte der Antragsteller zunächst bei dem Landwirtschaftsgericht mit notarieller Urkunde vom 23.1.2020 (Bl. 1–6 d.BA 4 Lw 24/20) die Erteilung eines auf ihn lautenden Hoffolgezeugnisses; er sei der Erstgeborene, habe auf dem Hof immer mitgearbeitet und sei als Landmaschinenmechaniker in der Lage, den Hof zu bewirtschaften. Diesen Antrag nahm er mit Schriftsatz vom 29.9.2020 zurück.
Auf Anregung der vier Abkömmlinge und Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts löschte das Grundbuchamt den Hofvermerk am 12.10.2020 von Amts wegen (Bl. 18 d.BA 4 Lw 24/20, Bl. 1–7 d.BA 4 Lw 42/20).
Mit notarieller Urkunde vom 21.10.2020 (Bl. 1–6 d.A.) beantragte der Antragsteller sodann bei dem Nachlassgericht einen auf alle vier Abkömmlinge zu je ¼ lautenden Erbschein. Ein Hof gemäß der Höfeordnung liege nicht mehr vor.
Mit Schreiben vom 8.1.2021 wies das Nachlassgericht darauf hin, dass gemäß § 5 HöfeVfO die Vermutung gelte, dass es sich zum Todeszeitpunkt der Erblasserin noch um einen Hof gehandelt habe, sodass das Nachlassgericht nicht zuständig sei.
Dem trat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10.2.2021 entgegen. Der Hofbetrieb sei bereits 1997 eingestellt worden und sämtliche zum Hof gehörende Maschinen seien veräußert worden oder nicht betriebsfähig; die Hofstelle sei in einem nicht hoffähigen Zustand. Der Hof bestehe nur aus neun Hektar, die fremdverpachtet seien. Damit hätten im Jahr 1997 die Voraussetzungen für den Wegfall der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs vorgelegen und die Höfeordnung sei nicht anwendbar.
Mit Schreiben vom 18.2.2021 – dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 22.2.2021 – hat das Nachlassgericht darauf hingewiesen, dass nicht von einem offensichtlichen Wegfall der Hofeigenschaft ausgegangen werden könne. Noch im Jahr 2009 hätten die Eheleute in ihrem Testament klargestellt, dass es sich um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handele und nach dem Tod des Ehemannes der Erblasserin sei ein Hofnachfolgezeugnis beantragt, erteilte und zur Grundbuchberichtigung genutzt worden.
Mit am 1.3.2021 eingegangenem Schreiben vom 26.2.2021 hat der Antragsteller "gegen die Zwischenverfügung … vom 18.2.2021 sowie 8.1.2021 Beschwerde" eingelegt....