Leitsatz
Die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Pflichtteilsanspruchs sowie der korrespondierenden Auskunftsansprüche kann nicht wirksam der Schiedsgerichtsbarkeit zugeordnet werden. Dem Erblasser ist sowohl in materiell-rechtlicher als auch verfahrensrechtlicher Hinsicht die Dispositionsmöglichkeit über den Pflichtteilsanspruch entzogen.
LG Heidelberg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – 2 O 128/13
Sachverhalt
Der Kläger verlangt von den Beklagten, ihm bezüglich der Nachlässe seiner nacheinander verstorbenen Elternteile ein notarielles Bestandsverzeichnis zu erteilen.
Die Parteien sind Geschwister. Insgesamt hatten die Eltern der Parteien 5 Kinder. Am ... verfassten die Eltern der Parteien ein gemeinschaftliches Testament. Darin setzten sie sich gegenseitig als Alleinerben des Erstversterbenden ein. Bezüglich der Kinder trafen sie keine Verfügung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K1 verwiesen. Am ... starb der Vater der Parteien. Am ... verfasste die Mutter der Parteien ein notarielles Testament. Darin setzte sie ihre beiden Kinder ... und ... als Alleinerben ein. Bezüglich des Klägers traf sie keine Verfügung. In § 6 des Testaments findet sich unter der Überschrift "Konfliktklausel" folgende Vorschrift: Ich ordne an, dass alle Streitigkeiten, die durch meinen Erbfall hervorgerufen werden, unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte der Deutschen Schiedsgerichtsbarkeit für Erbstreitigkeiten e.V. (www.dse-erbrecht) und ihrer jeweils gültigen Schiedsordnung unterworfen sind. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K2 verwiesen. Am gleichen Tag schloss die Mutter mit einem weiteren Kind einen Übergabevertrag. Hierdurch erfüllte sie dessen Pflichtteilsansprüche. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K3 verwiesen. Am ... erstellte der Notar ein Nachlassverzeichnis betreffend das Vermögen des verstorbenen Vaters. Dieses ging dem Kläger zu. In diesem heißt es unter der Überschrift Nachlassverzeichnis:
Zitat
"Ich, Frau ..., gebe in die Anlage in Nachlassverzeichnis. Auf die Anlage wird verwiesen. Sie wurde der Beteiligten vorgelesen und von ihr genehmigt. "
Bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses war ich auf die Mithilfe dritter Personen (z. B. Steuerberater etc.) angewiesen. Ich versichere, dass ich deren Angaben nach bestem Wissen und Gewissen übernommen habe.“
Sodann findet sich in der Anlage ein Verzeichnis von Gegenständen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K6 verwiesen.
Am ... starb die Mutter der Parteien. Anschließend forderte der Kläger die Beklagten auf, Auskunft bezüglich des Nachlasses zu erteilen und ein notarielles Nachlassverzeichnis vorzulegen. Die Beklagten beauftragten den Testamentsvollstrecker, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen. Dieser teilte dem Kläger mit, dass er ein Nachlassverzeichnis erstellt, sobald er sich einen Überblick verschafft habe. Der Testamentsvollstrecker übermittelte sodann das notarielle Nachlassverzeichnis betreffend das Vermögen des Vaters. Bezüglich des Vermögens der Mutter übermittelten die Beklagten dem Kläger ein privatschriftliches Nachlassverzeichnis. Wegen der Einzelheiten wird auf das Nachlassverzeichnis vom ..., Anlage K6, verwiesen.
Der Kläger meint, ihm stünden gegen die Beklagten Pflichtteilsansprüche zu. Mit der vorliegenden Klage möchte er sich über die Höhe seiner Ansprüche Gewissheit verschaffen. Er hält die im Testament der Mutter enthaltene Schiedsklausel bezüglich seiner Pflichtteilsansprüche für unwirksam. Außerdem meint er, dass die Beklagten bislang keinen der beiden Auskunftsansprüche erfüllt hätten. Die von den Beklagten vorgelegten Verzeichnisse seien keine notariellen Verzeichnisse im Sinne des BGB. Der Notar habe keine eigenen Ermittlungen angestellt.
Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, Auskunft über den Bestand des Nachlasses der am ... Verstorbenen Frau ..., geborene ..., geboren am ... zuletzt wohnhaft ... des Herrn ..., geboren am ..., gestorben am ..., zuletzt wohnhaft ... zu ... erteilen, und zwar durch Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen. Sie erheben die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit. Sie meinen, sie hätten darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger nur ein privatschriftliches Verzeichnis fordert. Der Kläger habe nämlich gewusst, dass sie einen Testamentsvollstrecker mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses beauftragt hätten. Dagegen hätte der Kläger keine Einwände geäußert.
Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Die Klage ist zulässig. Der Zulässigkeit steht nicht die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit entgegen. § 1032 ZPO bestimmt, dass eine Klage auf Einwand als unzulässig abzuweisen ist, wenn sie einen Gegenstand betrifft, der der Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen ist. Nach § 1066 ZPO gelten die Vorschriften über die Schiedsgerichtsbarkeit für Schiedsgerichte, die in gesetzlich statthafter Weise durch letztwillige Verfü...