Eine bestimmte Stiftungsausgestaltung allein rechtfertigt nach der aktuellen liechtensteinischen Rechtsprechung noch keinen Durchgriff. Davon geht auch das OLG Düsseldorf aus. Der StGH verlangt neben statuarisch vorbehaltenen Interventions- und Gestaltungsrechten zugunsten des Stifters weitere Indizien und vor allem eine Missbrauchsabsicht und insofern eine subjektive Komponente. Andernfalls würde eine nach geltendem Recht zulässige Form der Stiftungsausgestaltung von vornherein und ohne konkrete weitere Missbrauchsindizien einfach als rechtlich inexistent angesehen werden (StGH v. 16.09.2002, LES 2005, 128, 134 = ZErb 2010, 22 ff).
Bei der Stiftungserrichtung ist der Stiftungszweck von den mit der Stiftung verfolgten Zielen oder Motiven der Stiftungserrichtung zu unterscheiden (Hof, in: Seifart/v. Campenhausen, § 7 Rn 3). Im Gegensatz zum Stiftungszweck, der eine gewisse Konkretisierungshöhe erreichen und mit einem Mindestgrad an Bestimmtheit statutarisch festgelegt werden muss (BGHZ 68, 142, 148; MüKoBGB/Reuter, §§ 80, 81 Rn 27: Während die Förderung des Glücks der Menschheit Motiv des Stifters sein kann, wäre eine vergleichbare Zweckformulierung zu unbestimmt.), bestehen für das Errichtungsmotiv keine dementsprechenden Anforderungen. Zwar kann sich ein Motiv mit einem ausformulierten Stiftungszweck decken, doch bleibt regelmäßig der wahre Beweggrund des Stifters verborgen. Manifestiert sich allerdings eine bestimmte Absicht respektive ein konkretes Motiv in den Stiftungsdokumenten (z. B. Präambel), so fließen diese in die Beurteilung mit ein. Freilich, wird ein Errichtungsmotiv in Form der Steuerhinterziehung nicht schriftlich niedergelegt, allerdings wird die Absicht mit der Stiftungserrichtung (auch) Steuern sparen zu wollen, durchaus kommuniziert (vgl. VG Münster v. 21.5.2010 m. Anm. Büch, DVBl 2010, 1115 ff). Die Steuerhinterziehungsabsicht bleibt dem Rechtsverkehr hingegen regelmäßig verborgen.
Im vorliegenden Fall war jene nach Auffassung des OLG Düsseldorf sichtbar geworden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Steuerhinterziehung sogar Hauptmotiv der Stiftungserrichtung war und nicht die Begünstigung der eingesetzten Destinatäre. Tatsächlich ließ sich im vorliegenden Fall der Stifter im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens auch dementsprechend ein, sodass die mit der Stiftungserrichtung bezweckte Hinterziehungsabsicht insoweit unstrittig ist. In der Folge subsumierte das OLG Düsseldorf die Steuerhinterziehungsabsicht unter die vom StGH geforderte subjektive Durchgriffsvoraussetzung. Doch vermag dieser Umstand einen Durchgriff rechtfertigen? Vom Grundsatz her ist bei der Durchgriffshaftung eine Absicht zu fordern, die die Ausnutzung des Trennungsprinzips umfasst. Jene ist im Stiftungskontext gegeben, wenn der Stifter sein Vermögen in eine Stiftung transferiert, um es dem Gläubigerzugriff zu entziehen, sich aber gleichwohl die Partizipation an diesem Vermögen durch Gestaltungselemente vor- oder aufrechterhält und somit eine Haftungsexklave erschafft. Hierunter fallen insbesondere die Sachverhalte, in denen durch die Stiftungserrichtung Ansprüche von Erben im Erbfall oder von Ehegatten im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung sowie von Unterhaltsberechtigten betroffen sind. Speziell die bewusste Umgehung zwingender erbrechtlicher Vorschriften (Pflichtteilsrechte) rechtfertigt die Durchgriffshaftung. Vorliegend war jedoch die Vereitelung eines Gläubigerzugriffs nicht die Triebfeder des Handelns, sondern der Stifter wollte die Verschleierung von unversteuerten Vermögen aufrechterhalten. Nicht die Schaffung einer Haftungsexklave war Ziel der Stiftungserrichtung, sondern – ausgehend vom Tatbestand – die Trennung des unversteuerten Vermögens vom Stifter, um dann in einem zweiten Schritt dieses Vermögen wieder dem (deutschen) Wirtschaftskreislauf durch die Ausschüttung an einzelne Begünstigte zuzuführen. Ob daher allein eine fortgesetzte Steuerhinterziehungsabsicht eine zivilrechtliche Durchgriffshaftung rechtfertigen kann, ist fraglich, da der Durchgriff primär den Rechtsformmissbrauch sanktioniert. Und auch von der Rechtsfolgenseite her betrachtet, passt der umgekehrte Durchgriff nicht auf den vorliegenden Fall, da dieser nicht die rechtliche Existenz einer juristischen Person vollends beseitigt, sondern die Berufung auf das Trennungsprinzip als Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 PGR einstuft. Für Gläubiger gilt sodann die Vermögenstrennung nicht (mehr) und somit wird der Zugriff auf die Vermögensexklave ermöglicht. Die Stiftung ist in der Folge als haftungsrechtlich passivlegitimiert anzusehen (FL OGH v. 1.10.2009, LES 2010, 94, 98).
Daneben besteht hier noch die Besonderheit, dass das OLG Düsseldorf nicht aufgrund des Durchgriffs eine Haftung der Stiftung anerkannte, sondern der Rechtsgrund der Zuwendung an die Begünstigten der Stiftung als nicht existent angesehen wurde, der allein im Verhältnis zwischen Stiftung und Destinatär besteht und somit losgelöst vom Stifter ist (siehe hierzu Ja...