Leitsatz
Für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes ist das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen kommt es also auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGHZ 128, 85, 87 f; 164, 63, 65 ff).
BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 – IV ZB 27/07
Sachverhalt
Die Klägerin, zweite Ehefrau des am 13. Mai 2006 verstorbenen Erblassers, nimmt die Kinder des Erblassers aus dessen erster Ehe als Erben im Wege der Stufenklage auf Erfüllung eines Vermächtnisses in Anspruch. Das Landgericht hat die Beklagten durch Teilurteil vom 1. Juni 2007 verurteilt, durch Vorlage eines Verzeichnisses Auskunft zu erteilen über den Bestand des in den Nachlass gefallenen Geldvermögens (Bargeld, Guthaben und Wertpapiere) sowie über sämtliche Nachlassverbindlichkeiten – einschließlich Beerdigungskosten – und Nachlassregelungskosten. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt und begründet.
Das Berufungsgericht hat die Beklagten darauf hingewiesen, es sei nicht ersichtlich, dass der für die Erteilung der Auskünfte erforderliche Aufwand die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO übersteige; die Berufung sei daher unzulässig. Dazu haben beide Parteien Stellung genommen. Durch den angegriffenen Beschluss hat das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingegangene und begründete Rechtsbeschwerde der Beklagten.
Aus den Gründen
Das nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsmittel ist unzulässig. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 ZPO).
Auszugehen ist von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen kommt es also auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGHZ 128, 85, 87 f; 164, 63, 65 ff).
1. a) Soweit die Beklagten nach dem landgerichtlichen Urteil verpflichtet sind, Nachlassverbindlichkeiten und Nachlassregelungskosten anzugeben, geht es nach Ansicht des Berufungsgerichts allein um tatsächliche Angaben, die jedenfalls zunächst weder einer anwaltlichen Prüfung noch einer anwaltlichen Bewertung bedürften; Begriffe wie Nachlassverbindlichkeiten und Nachlassregelungskosten seien Allgemeingut und würden deshalb von den Auskunftspflichtigen ohne Weiteres richtig verstanden.
b) Dem hält die Rechtsbeschwerde entgegen, es müsse verwundern, dass die Bedeutung von Begriffen wie Nachlassverbindlichkeiten und Nachlassregelungskosten als allgemein verständlich angesehen würden, denn sie seien in der juristischen Literatur umstritten und unklar. § 1967 Abs. 2 BGB rechne zu den Nachlassverbindlichkeiten außer den vom Erblasser herrührenden Schulden auch die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen. Ob dazu außer Zahlungsverpflichtungen auch Verpflichtungen zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen, zur Herausgabe von Sachen, zur Duldung der Befriedigung, zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder zu einer Willenserklärung gehörten, sei fraglich. Im Schrifttum werde allerdings vertreten, dass Verbindlichkeiten aller Art in Betracht kommen (vgl. Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl. § 47 I 1 S. 1192). Unterschieden werde zwischen Erblasserschulden und Nachlasserbenschulden, für die eine Haftung des Erben auch unabhängig von seiner Erbenstellung in Betracht komme (vgl. Staudinger/Marotzke, BGB [2002] § 1967 Rn 5 ff). Hinsichtlich der den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten werde weiter differenziert nach Erbfallschulden (etwa aus Pflichtteilen, Vermächtnissen und Auflagen) und Nachlasskosten- und Erbschaftsverwaltungsschulden (wie Kosten der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen oder der Sicherung des Nachlasses, vgl. Staudinger/Marotzke, aaO § 1967 Rn 30 ff, 37 ff). Unklar sei, was unter Nachlassregelungskosten zu verstehen sei; möglicherweise könne man sie mit den in der juristischen Literatur verwendeten Begriffen Nachlasskosten- und Verwaltungsschulden gleichsetzen. Fraglich sei, ob auch die Erbschaftsteuer erfasst werde (vgl. Staudinger/Marotzke, aaO § 1967 Rn 33); dass deren Höhe nicht ohne anwaltlichen oder steuerberatenden Beistand ermittelt werden könne, liege auf der Hand.
Das Berufungsgericht habe sich nicht die Frage gestellt, ob die Beschwerdeführer überhaupt Umfang und Gegenstand ihrer Auskunftspflicht ohne sachkundige Hilfe ermitteln könnten. Damit liege sowohl ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG als auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor....