1. Relevante Fallkonstellationen
Strittig ist auch die Fernwirkung des Pflichtteilsverzichts auf den nachehelichen bzw nachpartnerschaftlichen Unterhalt sowie den Unterhalt nach Aufhebung der Ehe. Es geht um die folgenden Fälle:
In allen diesen Fällen kann der überlebende Ehegatte einen Unterhaltsanspruch gegen die Erben geltend machen, wenn ein entsprechender Anspruch gegen den Erblasser bestand. Der Unterhaltsanspruch ist auf den (fiktiven) Pflichtteil begrenzt, der dem Berechtigten zugestanden hätte, wenn die Ehe bis zum Erbfall intakt geblieben wäre (§ 1586 b Abs. 1 S. 3 BGB). Bei der Berechnung des Pflichtteils bleiben nach § 1586 b Abs. 2 BGB Besonderheiten aufgrund des Güterstands, in dem die Eheleute gelebt hatten, außer Betracht.
§ 1586 b BGB geht auf das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts v. 14.6.1976 (1. EheRG) zurück. Inhaltlich knüpft die Vorschrift an die Vorgängerregelungen in § 1582 aF BGB in der Ursprungsfassung des BGB und später § 70 EheG an. Diese ordneten ebenfalls die passive Vererblichkeit der Unterhaltspflicht an. In § 1582 aF BGB war vorgesehen, dass die Unterhaltspflicht mit dem Tode des Verpflichteten nicht erlischt. Die Unterhaltsrente konnte nach § 1582 Abs 2 aF jedoch bis auf die Hälfte der Einkünfte herabgesetzt werden, die der Verpflichtete zum Todeszeitpunkt aus seinem Vermögen bezogen hatte. § 78 Abs. 2 S. 2 EheG 1938 (später § 70 Abs. 2 S. 2 EheG) übernahm diese Regelung mit der Maßgabe, dass sich der Unterhaltsberechtigte die Herabsetzung auf den Betrag gefallen lassen musste, der bei Berücksichtigung der Verhältnisse des Erben und der Ertragsfähigkeit des Nachlasses der Billigkeit entsprach. Die Begrenzung der Erbenhaftung auf den fiktiven Pflichtteil gemäß § 1586 b Abs. 1 S. 3 BGB ist erst durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts v. 14.6.1976 (1. EheRG) Gesetz geworden.
Die Begrenzung des nachehelichen bzw. nachpartnerschaftlichen Unterhalts bei Tod des Verpflichteten auf den fiktiven Pflichtteil wirft die strittige und erstmals von Dieckmann 1980 erörterte Frage auf, ob ein Pflichtteilsverzicht entsprechende Fernwirkung auf den Unterhaltsanspruch gegen die Erben hat, d. h. zur Reduzierung des Unterhaltsanspruchs auf Null führt. Hat der überlebende Ehegatte dagegen wirksam auf den nachehelichen Unterhalt verzichtet, kann er auch nicht von den Erben Unterhalt verlangen. Hier stellt sich die Frage nach der Fernwirkung nicht. Sie wird nur dann bedeutsam, wenn ein Pflichtteilsverzicht ohne begleitenden Unterhaltsverzicht erklärt wird.
2. Argumente für eine Fernwirkung
Eine starke Auffassung bejaht die Fernwirkung (Verlust etwaiger Unterhaltsansprüche) unter Hinweis auf den Gesetzeszweck, dem Unterhaltsberechtigten einen Ausgleich für den Verlust erbrechtlicher Ansprüche zu bieten, die er ohne Scheidung gehabt hätte. So heißt es in der Begründung zum 1. EheRG: "Zweck der passiven Vererblichkeit des Unterhaltsanspruchs ist es allein, den geschiedenen Ehegatten mit seinem Lebensbedarf über den Tod des Verpflichteten hinaus in ähnlicher Weise sicherzustellen, wie dies bei Fortbestand der Ehe durch erbrechtliche Ansprüche erreicht worden wäre. Aus dieser Zweckrichtung ergibt sich aber zugleich die notwendige Beschränkung des Anspruchs. Der geschiedene Ehegatte braucht und soll nicht mehr erhalten, als er gehabt hätte, wenn seine Ehe statt durch Scheidung durch den Tod des Verpflichteten aufgelöst worden wäre."
Auch das systematische Zusammenspiel des § 1586 b Abs. 1 S. 3 BGB mit § 2346 BG...