Maurice Jarre war ebenfalls ein berühmter französischer Filmkomponist, der im Jahr 2009, im Alter von 84 Jahren, in Los Angeles, ebenfalls an einem Krebsleiden verstorben ist. Maurice Jarre war insgesamt vier Mal verheiratet. Aus seiner ersten, in 1946 in Frankreich geschlossenen Ehe, ging der weltbekannte französische Musiker und Komponist moderner Synthesizer Musik, Jean-Michel Jarre, hervor. Nach Ehescheidung und Übersiedlung in die USA im Jahr 1965 heiratete Maurice Jarre dort erneut. Aus dieser Verbindung ging eine Tochter hervor. Nach Scheidung heiratete er in 1967 zum dritten Mal und adoptierte den Sohn seiner Ehefrau. Nach Ehescheidung im 1984 heiratete er im gleichen Jahr dann seine vierte Ehefrau. Mit letzterer errichtete er in 1991 einen Trust nach kalifornischem Recht, in den er sein gesamtes Vermögen einbrachte. 1995 gründeten die Eheleute weiterhin eine bürgerliche Immobiliengesellschaft französischen Rechts, in die eine in Paris belegene Immobilie von Maurice Jarre, unter teilweiser Abänderung des Trusts, eingebracht wurde. In 2008 wurde der Trust erneut abgeändert. Durch gleichzeitiges Testament erhielt die Ehefrau den gesamten beweglichen Nachlass und wurde zur Testamentsvollstreckerin mit umfassenden Befugnissen eingesetzt.
Diese Gestaltung hatte aus französischer IPR-Sicht zur Folge, dass der gesamte Nachlass, einschließlich des Grundstücks in Paris, dies aufgrund seiner Einbringung in die Grundstücksgesellschaft, als beweglich zu qualifizieren war und damit angesichts des letzten Wohnsitzes des Erblassers in Kalifornien dem dortigen Erbstatut unterstand, welches für erwachsene Abkömmlinge keinerlei Pflichtteilsansprüche vorsah.
Nach dem Tod verlangen die Kinder aus den ersten beiden Ehen daraufhin vor dem Tribunal de grande instance de Paris, auch hier gestützt auf den damals noch geltenden Art. 2 des Gesetzes vom 14.7.1819, aus dem in Frankreich belegenen Nachlass das zu bekommen, was ihnen unter Pflichtteilsgesichtspunkten nach französischem Recht, bezogen auf den Weltnachlass, zustehen würde. Während des Rechtsstreits erklärt dann der französische Conseil constitutionnel am 5.8.2011 in dem unter 1. geschilderten Parallelverfahren Michel Colombier diese Vorschrift für verfassungswidrig und nichtig. Daraufhin wandten die Kläger auch hier ein, die Entscheidung des Conseil constitutionnel sei nicht auf Altfälle anzuwenden, vor allem aber verstoße die Anwendung des kalifornischen Rechts mit dem Ausschluss von Pflichtteilsansprüchen gegen den französischen ordre public international.
Da dieselbe Kammer des Tribunal de grande instance de Paris zuständig ist, die zuvor in der Sache Michel Colombier entschieden hatte, war es wenig überraschend, dass das Gericht, mit Urteil vom 2.12.2014, die Klage auch hier abwies. Die Begründung ist identisch, wobei aber noch hinzugefügt wurde, die Kläger hätten nicht geltend gemacht, durch den Ausschluss von Pflichtteilsansprüchen in eine wirtschaftliche Notlage gebracht worden zu sein oder zu geraten.
In der Berufungsinstanz ergänzten die Kläger ihre bisherigen Argumente noch dahingehend, dass eine Rückwirkung der Nichtigkeitsentscheidung des Conseil constitutionnel eine Verletzung der Eigentumsgarantie aus Art. 1 Zusatzprotokoll EMRK darstellen würde.
Da bei der Cour d’appel de Paris ebenfalls dieselbe Kammer zuständig war, die in der Parallelsache Michel Colombier die Berufung zurückgewiesen hatte, war es auch hier wenig überraschend, dass diese, mit Urteil vom 11.5.2016, zurückgewiesen wurde. Auch hier waren die Argumente wieder nahezu identisch, wobei hinsichtlich des zusätzlichen Arguments der Verletzung der Eigentumsgarantie nur kurz ergänzt wurde, die Erwartung von Erbansprüchen falle nicht in den Schutzbereich dieser Garantie. Bezüglich des Einwands, die Einbringung der Immobilie in Paris in eine Grundstücksgesellschaft stelle einen Rechtsmissbrauch, eine sogenannte "fraude à la loi" dar, wurde, wie vom Tribunal de grande instance de Paris, darauf verwiesen, diese Einbringung sei lange vor dem Tod des Erblassers, somit nicht in der Absicht erfolgt, noch kurz vor seinem Tod eine für die Kläger nachteilige Änderung des Erbstatuts herbeizuführen. Nicht angeführt wurde hingegen das Argument der Vorinstanz wonach eine wirtschaftliche Notlage oder Bedürftigkeit als Folge des Ausschlusses von Pflichtteilsansprüchen von den Klägern nicht geltend gemacht worden sei.
In seinem die Revision zurückweisenden Urteil vom 27.9.2017 übernimmt die Cour de cassation dann hinsichtlich der Rückwirkung der Entscheidung des Conseil constitutionnel und der Frage des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie die Begründung des Berufungsgerichts, hinsichtlich der Frage des Verstoßes gegen den französischen ordre public international zunächst einmal wortwörtlich den Obersatz aus seinem Parallelurteil Michel Colombier, wonach die Anwendung eines ausländischen Erbstatuts, welches Pflichtteilsansprüche nicht kennt, nicht per se einen solchen Verstoß darstelle, um da...