Eine Untersuchung der neuen EG-Unterhaltsverordnung
Natalia Conti
sellier european law publishers, München 2011
227 Seiten, 59 EUR
ISBN 978-3-86653-202-1
Der Zug der europäischen Rechtsvereinheitlichung fährt mittlerweile weit in das Gebiet des Internationalen Privatrechts hinein. Nach der allgemeinen Gerichtsbarkeit (Brüssel I-VO), der internationalen Zuständigkeit in Sachen der Scheidung und der elterlichen Sorge (Brüssel IIa-VO) sowie des internationalen Schuldrechts (Rom I-VO und Rom II-VO) ist seit dem 18. Juni 2011 nun auch das internationale Verfahrens- und Kollisionsrecht auf dem Gebiet des Unterhalts vereinheitlicht. Die familienrechtlichen Maßnahmen starten nicht ohne Grund auf diesem Gebiet des Familien- und Erbrechts. Haben doch bislang immer wieder zahlungsmüde Väter und Ehemänner die Möglichkeiten der europäischen Freizügigkeit in ihrem Sinne dazu genutzt, sich dem Zugriff des Unterhaltsgläubigers bzw. des in Vorleistung getretenen Sozialhilfeträgers zu entziehen, indem sie die Alimente an entfernten südlichen Gefilden an Strandbars in Cocktails umsetzen.
Natalia Conti gibt in ihrer Arbeit einen Überblick über das bereits seit dem 18. Juni 2011 in Deutschland geltende, bislang aber nur ungenügend dokumentierte Regelungswerk. Insbesondere stellt sie das Zusammenwirken der unterschiedlichen Regelungskomplexe – internationale Zuständigkeit – anwendbares Recht – Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen – Unterhaltsregress – dar, die in der Unterhaltsverordnung eng miteinander verwoben worden sind. Eine besondere Komplexität ergibt sich daraus, dass das anwendbare Recht nicht in der Verordnung selbst geregelt worden ist, sondern sich aus dem Haager Unterhaltsprotokoll ergibt. Das Opt-out des Vereinigten Königreichs bei dem Unterhaltsprotokoll machte ein Zweiklassensystem bei der Anerkennung und Vollstreckung innergemeinschaftlicher Unterhaltstitel erforderlich. Conti zeigt dieses System auf sowie an welchen Stellen die beiden Regelungsinstrumente nicht vollständig aufeinander abgestimmt sind, sodass sich Regelungswidersprüche ergeben.
Die Arbeit bietet einen durchwegs gut lesbaren Einstieg in die Probleme des neuen internationalen Unterhaltsrechts. Die Darstellung ist immer klar und durchsichtig, die Argumentation nachvollziehbar.
Nach den Stationen "Schuldrecht" und "Unterhaltsrecht" hat der Zug der Rechtsvereinheitlichung bereits die Station "internationales Scheidungsrecht" durchfahren, das im Juni 2012 in Kraft treten wird. Der nächste Bahnhof wird aller Voraussicht nach "internationales Erbrecht" lauten. Seine Architektonik wird viele Gemeinsamkeiten mit dem internationalen Unterhaltsrecht aufweisen. Auch aus diesem Grund lohnt sich für den Erbrechtler die Beschäftigung mit dem neuen internationalen Unterhaltsrecht.
Autor: Dr. Rembert Süß
Dr. Rembert Süß, Würzburg