StVG § 25
Leitsatz
Die eine Fahrverbotsprivilegierung wegen eines substantiiert vorgebrachten und als wahr unterstellten Arbeitsplatzverlustes durch Kündigung versagende Wertung, ein Härtefall scheide schon deshalb aus, weil der Betr. bei der gegebenen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungslage "unproblematisch eine vergleichbare Tätigkeit finden" werde, bedarf einer durch tatrichterliche Feststellungen belegten, die Besonderheiten des Einzelfalls in den Blick nehmenden Tatsachengrundlage.
OLG Bamberg, Beschl. v. 13.8.2018 – 3 Ss OWi 980/18
Sachverhalt
Gegen den Betr. erging wegen fahrlässigen Führens eines Kfz unter der Wirkung von THC (§ 24a Abs. 2, 3 StVG) eine Geldbuße von 500 EUR mit einmonatigem Fahrverbot samt Schonfrist. Das AG hat den Einspruch des Betr. verworfen. Sodann hat das OLG Bamberg auf die Rechtsbeschwerden des Betr. und der StA das Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen. Der von der mit schriftlicher Vollmacht ausgestatteten Verteidigerin beauftragte Terminsbevollmächtigte hat in der Hauptverhandlung ohne Hinweis auf eine ihm erteilte Ermächtigung den Einspruch auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Nach einer weiteren Hauptverhandlung hat das AG den Betr. unter "Bezugnahme auf den im Übrigen rechtskräftigen Bußgeldbescheid" wie im Bußgeldbescheid verurteilt. Hierbei hat es zugunsten des Betr. unterstellt, dass dieser im Falle der Verhängung eines Fahrverbots infolge Kündigung seine Tätigkeit als Getränkeausfahrer verlieren werde, hierin aber keine besondere Härte gesehen, da er "bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage in M. unproblematisch eine vergleichbare Tätigkeit finden" werde. Außerdem sei das Verhalten des Betr. "durchaus sehr riskant" und "grob fahrlässig" gewesen. Mit der Rechtsbeschwerde rügt der Betr. die Verletzung materiellen Rechts.
Das OLG Bamberg hat auf die Rechtsbeschwerde des Betr. das Urteil des AG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
2 Aus den Gründen:
"… II. Die gem. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthafte und infolge der wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch nur noch diesen betreffende Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Erwägungen, mit denen das AG trotz des von ihm unterstellten Verlustes des Arbeitsplatzes des Betr. das Nichtabsehen von der Verhängung des Fahrverbots begründet hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand."
1. Das AG ist zunächst zu Recht von einer wirksamen Beschränkung des Einspruchs durch den Terminsbevollmächtigten in der Hauptverhandlung vom 4.12.2017 nach § 67 Abs. 2 OWiG ausgegangen mit der Folge, dass der Bußgeldbescheid im Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist. Für die nachträgliche Beschränkung des zunächst unbeschränkt eingelegten Einspruchs, in der eine teilweise Zurücknahme des Rechtsbehelfs gem. § 67 Abs. 1 S. 2 OWiG i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO zu sehen ist (vgl. zuletzt OLG Bamberg, Beschl. v. 3.4.2018 – 3 Ss OWi 330/18), lag eine ausdrückliche Ermächtigung des Betr. vor.
a) Der Betr. hatte seiner Verteidigerin zuletzt am 30.11.2017 eine schriftliche Vollmacht ausgestellt, die auch die Ermächtigung zur Rücknahme eines Rechtsmittels beinhaltete. Im Hinblick darauf, dass diese Vollmachtserteilung im Rahmen des laufenden gerichtlichen Verfahrens über den Einspruch des Betr. erfolgte, muss die in ihr enthaltene Ermächtigung auch als ausdrücklich auf dieses Verfahrens bezogen angesehen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 31.8.2016 – 2 StR 267/16).
b) Zwar ergibt sich aus der Terminsvollmacht, die die Verteidigerin ausgestellt hatte, eine solche Ermächtigung nicht. Da allerdings für die nach § 67 Abs. 1 S. 2 OWiG i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung, die im Zeitpunkt der Erklärung der Einspruchsbeschränkung vorgelegen haben muss, keine besondere Form vorgeschrieben ist und der Nachweis auch nachträglich, etwa durch eine anwaltliche Versicherung, erbracht werden kann (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 6.12.2016 – 4 StR 558/16, NStZ-RR 2017, 185; BGH, Beschl. v. 15.4.2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24; BGH, Beschl. v. 5.2.2014 – 1 StR 527/13; BGH, Urt. v. 18.7.2013 – 4 StR 100/13, NStZ-RR 2013, 352), hat der Senat entsprechende Ermittlungen durchgeführt. Nach der Erklärung der Verteidigerin im Schriftsatz vom 9.8.2018 ist davon auszugehen, dass diese die ihr eingeräumte Ermächtigung zur Beschränkung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid ausdrücklich auf den Terminsbevollmächtigten übertragen hatte. Die Einholung dessen Stellungnahme war bei dieser Sachlage nicht mehr geboten.
2. Der Rechtsfolgenausspruch hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Auch wenn ein Absehen von dem gesetzlich angeordneten Regelfahrverbot nach §§ 24a Abs. 2 und 3, 25 Abs. 1 S. 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 3 BKatV nur in Härtefällen ganz außergewöhnlicher Art in Betracht kommt (vgl. nur OLG Bamberg, Beschl. v. 29.10.2012 – 3 Ss OWi 1374/12, Blutalkohol 50, 27; OLG Bamberg, Beschl. v. 2.7.2018 – 3 Ss OWi 754/18), sind die Erwägungen des AG, welches trotz von ihm unterstellter Kündigung des Ar...