VGB 2012 A § 4
Leitsatz
1. Zur schlüssigen Darlegung des Versicherungsfalles "Sturm" reicht die Behauptung des Versicherungsnehmers, versicherte Sachen seien zu einem konkreten Zeitpunkt nach einer der in den Versicherungsbedingungen genannten Alternativen durch Sturm (Windstärke 8 Bft.) zerstört oder beschädigt worden, grundsätzlich aus. Weitergehender Vortrag auch zu den in den Bedingungen gewährten Beweiserleichterungen, bei deren Vorliegen ein Sturm unterstellt wird, ist dazu nicht erforderlich.
2. Der Nachweis eines bedingungsgemäßen Sturmes ist jedoch nicht geführt, wenn nach der Beweisaufnahme offen bleibt, ob zum behaupteten Zeitpunkt am Versicherungsort wetterbedingte Luftbewegungen der Windstärke 8 Bft. geherrscht haben, und auch die tatsächlichen Voraussetzungen der von den Bedingungen gewährten Beweiserleichterungen nicht dargelegt und bewiesen wurden.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 9.10.2020 – 5 U 61/19
Sachverhalt
Die Kl. hat die Bekl. aus einer Wohngebäudeversicherung auf Entschädigung eines Sturmschadens in Anspruch genommen. Die Kl. meldete der Bekl. einen Sturmschaden an ihrem Hausdach an, wobei sie zuletzt angab, dass sich am 29.10.2017 die Verkleidung an drei Kaminen abgelöst habe. Am 26.11.2017 erstellte der Meisterbetrieb H. für die Kl. einen Kostenvoranschlag für ein "Bauvorhaben: Sturmschaden" über auszuführende Dachdecker- und Klempner-Arbeiten. Der von der Bekl. mit der Erstattung eines Schadensgutachtens beauftragte SV J.B. führte aus, dass die Kaminplatten auf der Unterkonstruktion keinen Halt hätten, weil diese aus stark angefaulten Spanplatten bestehe, dass dieser Zustand definitiv schon länger vorhanden sei und daher kein Sturmschaden eingetreten sei. Die Kl. beauftragte daraufhin einen Herrn M., der unter der Firma "Consulting M." nach eigener Darstellung "Architektur-, Immobilien und Sachverständigengutachten nach § 194 BGB" erstattet, und der mitteilte, dass bei einer Besichtigung "nicht wie durch vorheriger Feststellungen der Kaminkopf mit Holz verkleidet" sei, "sondern wie es fachlich richtig ausgeführt mit einer Unterkonstruktion aus Dachlatten und einer Konterlattung zur Verankerung der Schindeln seitlich". Wie es zur vorherigen Feststellung gekommen sei, entziehe sich seiner Kenntnis; festzuhalten verbleibe, "dass der Kamin außen die Schilden beschädigt und teilweise nicht mehr vorhanden."
2 Aus den Gründen:
"… Die Kl. hat zwar – auch schon erstinstanzlich – einen bedingungsgemäßen Sturmschaden ausreichend dargelegt; sie hat jedoch mit der im Berufungsrechtszug durchgeführten Beweisaufnahme die vertraglichen Voraussetzungen der Eintrittspflicht der Bekl. nicht beweisen können und daher gegen die Bekl. weder einen Anspruch auf Ersatz der von ihr geltend gemachten Schadensbeseitigungskosten, noch auf Erstattung vorgerichtlicher Gutachter- und Rechtsverfolgungskosten."
1. Entgegen der Ansicht des LG hatte die Kl. allerdings im ersten Rechtszug ausreichend zu den vertraglichen Voraussetzungen der Eintrittspflicht der Bekl. aus der Gebäudeversicherung vorgetragen. Hierzu genügt im Rahmen der Sturm- und Hagelversicherung die Darlegung, dass versicherte Sachen zu einem konkreten Zeitpunkt nach einer der in den Versicherungsbedingungen (vgl. A § 4 Nr. 1 Buchstabe a) bis e) VGB 2012) genannten Alternativen durch Sturm (Windstärke 8 Bft.) zerstört oder beschädigt wurden. Bereits in der Klageschrift hatte die Kl. dies behauptet, indem sie unter erkennbarer Bezugnahme auf den Versicherungsvertrag und die dortigen Anspruchsvoraussetzungen angab, aufgrund des vermeintlichen Sturmereignisses habe sich die Verkleidung an drei Kaminen des versicherten Gebäudes abgelöst und zu Schäden im Umfang der durch den Kostenvoranschlag ausgewiesenen Maßnahmen mit voraussichtlichen Reparaturkosten von 4.980,82 EUR (brutto) geführt. (…) Soweit das LG die Klage (…) mit der Begründung abgewiesen hat, die Voraussetzungen des Versicherungsfalles seien nicht schlüssig dargelegt, überspannte dies die Anforderungen an den Sachvortrag des VN. Insbesondere waren hierzu nämlich keine weitergehenden Darlegungen zu den einzelnen – im angefochtenen Urteil so bezeichneten – “Tatbestandsmerkmalen' gem. A § 4 Nr. 2 VGB 2012 notwendig, bei deren Vorliegen Windstärke 8 unterstellt wird. Denn diese Bestimmung beinhaltet keine zusätzlichen Voraussetzungen der vertraglichen Eintrittspflicht des VR, auf die es für die Darlegung eines Versicherungsfalles zwingend ankäme, sondern Beweiserleichterungen für den Fall, dass der VN – wie regelmäßig – den Nachweis wetterbedingter Luftbewegungen in bedingungsgemäß geforderter Stärke am Versicherungsort nicht führen kann (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG 30. Aufl. A § 4 VGB Rn 1). Fehlender Vortrag dazu entbindet das Gericht deshalb nicht von der Pflicht, der – von der Bekl. hier zulässigerweise in Abrede gestellten – Behauptung der Kl., es habe am Schadenstag an der Schadensstelle ein bedingungsgemäßer Sturm geherrscht, nachzugehen.
2. Gleichwohl hat das angefochtene Urteil im Ergebnis Bestand, weil die Kl. den geforderten Nachw...