StVG §§ 3 Abs. 1 Satz 1; FeV §§ 46 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3, 14 Abs. 2 Nr. 2 und 11 Abs. 8; FeV Anlage 4 Ziff. 9.1; VwGO § 80 Abs. 5
1. Eine positive Beurteilung der Fahreignung von Personen, die sich in einer lege artis durchgeführten Methadon-Substitution befinden, ist nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, wenn besondere Umstände dies im Einzelfall rechtfertigen. Hierzu gehört u.a., dass die Freiheit von Beigebrauch anderer psychoaktiver Substanzen, inklusive Alkohol, seit mindestens einem Jahr durch geeignete, regelmäßige, zufällige Kontrollen (z.B. Urin, Haar) während der Therapie nachgewiesen ist.
2. Ist die Freiheit des Beigebrauchs anderer psychoaktiver Substanzen nicht nachgewiesen und daher von der fehlenden Fahreignung auszugehen, kann die Wiedererlangung der Fahreignung nur durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten nachgewiesen werden, auch wenn die Methadon-Behandlung zwischenzeitlich erfolgreich abgeschlossen wurde.
VG des Saarlandes, Beschl. v. 5.11.2009 – 10 L 847/09
Aus den Gründen:
“Mit seinem Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO begehrt der Kläger die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner unter der Geschäftsnummer 10 K 825/09 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.4.2006 in der Gestalt des auf Grund mündlicher Verhandlung vom 29.4.2008 und Beratung vom 30.7.2009 ergangenen Widerspruchsbescheides des Stadtrechtsausschusses der Antragsgegnerin, durch den die Fahrerlaubnis des Antragstellers entzogen und diesem die Ablieferung seines Führerscheins innerhalb einer Woche nach Rechtskraft der Entscheidung aufgegeben wurde, nachdem durch den vorgenannten Widerspruchsbescheid zugleich die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist. Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Zunächst hat der Stadtrechtsausschuss der Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügend damit begründet, dass mit Blick auf die Beendigung der Methadon-Substitution des Antragstellers und auf der Grundlage der sich im Widerspruchsverfahren ergebenden Erkenntnisse über seine fehlende Fahreignung das öffentliche Interesse an der sofortigen Umsetzung der Entziehung der Fahrerlaubnis das private Interesse des Antragstellers überwiegt, von der Entziehung bis zu deren Rechtskraft verschont zu bleiben.
Die vom Gericht in der Sache zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen behördlichen Verfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; bei offensichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs überwiegt demgegenüber regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
Dies zugrunde gelegt, kann der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht beanspruchen, da der Bescheid des Antragsgegners vom 20.4.2006 in der maßgeblichen Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage keinen Fehler erkennen lässt.
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis sind die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3, 14 Abs. 2 Nr. 2 und 11 Abs. 8 FeV. Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung sind die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV, wonach demjenigen die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, der sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Gem. § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV liegt eine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen insbesondere vor, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Gem. Ziffer 9.1 der Anlage 4 ist im Fall der Einnahme von Betäubungsmitteln i.S.d. Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) von einer fehlenden Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen. Nach § 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Anordnung einer Beschränkung oder den Entzug der Fahrerlaubnis u.a. anzuordnen, wenn zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin Betäubungsmitteln i.S.d. Betäubungsmittelgesetzes o...