Ziff. 5.2.3 GUB 99
Zu den Voraussetzungen des Nachweises einer Neuroborreliose.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Trier, Urt. v. 23.4.2009 – 6 O 291/07
(Die Berufung ist durch Beschluss des OLG Koblenz vom 29.10.2009 – 10 U 607/09 – gem. § 522 ZPO zurückgewiesen worden.)
Die Parteien streiten über einen Anspruch aus einem Unfallversicherungsvertrag. Der Kläger schloss bei der Beklagten am 22.6.2000 eine Einzel-Unfallversicherung ab.
Der Kläger zeigte mit Schadensanzeige vom 22.11.2005 gegenüber der Beklagten einen Zeckenbiss an, wegen dessen Folgen er an einer Borreliose leide. Die Beklagte trat daraufhin in die Leistungsprüfung ein und teilte dem Kläger zuletzt mit, dass sie ohne weitere klärende Untersuchungen (Liquor-Untersuchung) zu einer Leistung nicht in der Lage sei-
Der Kläger macht geltend: Er sei am 25.5.2005 im Wald bei G bei Ausübung der Jagdaufsicht im Bereich der Achselhöhle des linken Oberarmes von einer Zecke gebissen worden. Einige Tage später habe sich um die Bissstelle herum ein roter Hautausschlag kreisförmig gebildet, der stark gejuckt habe. Infolge dessen sei bei ihm eine Lyme-Borreliose aufgetreten mit der Folge einer mindestens 50 %-igen Invalidität.
Aus den Gründen:
“Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Dem Kläger steht aus der bei der Beklagten genommenen privaten Unfallversicherung wegen des von ihm behaupteten Zeckenbisses aus Mai 2005 und den dieserhalb von ihm beklagten Beschwerden kein Anspruch auf die geltend gemachte Invaliditätsentschädigung gem. §§ 1, 149 ff. VVG a.F. i.V.m. Ziff. 1. und 2 GUB 99 der Beklagten zu.
Gem. der in den Allgemeinen Verbesserungen zu den GUB 99 mit besonderer Gliedertaxe enthaltenen besonderen Klausel zu Ziff. 5.2.3 GUB 99 (‘Infektionsklausel’) ist der grundsätzlich nach Ziff. 5.2.3. GUB 99 ausgeschlossene Versicherungsschutz für Infektionen unter den dort näher festgelegten Bedingungen wieder eingeschlossen. Unabhängig hiervon kann die Klage allerdings keinen Erfolg haben.
Auch wenn der Kläger, wovon das Gericht auf Grund der glaubhaften Aussage seiner Ehefrau und der vorgelegten Arztunterlagen ausgeht, am 25.5.2005 einen Zeckenstich erlitten hat, besteht Versicherungsschutz nicht, weil sich nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststellen lässt, dass der Kläger hierdurch an einer Borreliose erkrankt ist und infolge dessen an den in der Klageschrift beschriebenen Beschwerden leidet.
Nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. P sind keinerlei Nachweise für eine akute oder durchgemachte Borreliose-Erkrankung und eine hierdurch bedingte Invalidität des Klägers gegeben. Nach Auffassung des Sachverständigen spricht die vorliegende Konstellation gegen das Vorliegen einer chronischen aktiven Borreliose nach Zeckenstich, nämlich das Fehlen serologischer (Borrelien-Antikörper) Belege einer Borrelieninfektion, das Vorliegen unspezifischer klinischer Beschwerden, keine für eine Neuroborreliose typischen neurologischen Symptome, keine klaren ärztlicherseits dokumentierten Zeichen einer Lyme-Arthritis, kein Bericht über einen positiven Borrelienerregernachweis sowie keine dauerhafte Besserung der Beschwerden nach mehreren Antibiotikatherapien. … ”
Die beiden vorstehenden Entscheidungen bedürfen einer kritischen Betrachtung. Borreliose ist eine fast immer von Zecken übertragene Infektionserkrankung, die in unterschiedlichen Formen auftritt. Zeckenstiche sind Unfälle i.S.d. AUB, aber als Infektion ausgeschlossen; durch Zusatzbedingungen (sog. Infektionsklauseln) lässt sich der Versicherungsschutz auf Infektionen ausdehnen (vgl. hierzu Naumann/Brinkmann, PUV, § 4 mit Beispielen; § 6 Rn 62).
Eine Borrelioseerkrankung verläuft in drei Stadien. Die Inkubationszeit variiert stark. Eine Spätmanifestation (drittes Stadium) kann Monate bis Jahre nach dem Zeckenbiss auftreten. Im Blut nachweisbare Antikörper gegen Borrelien geben keinen Anhalt auf den Zeitpunkt der Infektion. Eine Neuroborreliose (Nervenschmerzen, Lähmungen) kann nur über eine Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) nachgewiesen werden.
Das OLG Düsseldorf nimmt die Wirksamkeit der anspruchsbegründenden Jahresfrist für eine Invaliditätsleistung an, obwohl je nach Verlauf der Infektion eine Invalidität i.S.d. AUB binnen Jahresfrist gar nicht eingetreten sein kann. Folgt man diesem Gedanken, dann ist der Versicherungsschutz, zumindest bei langwierigem Verlauf der Erkrankung, faktisch ausgeschlossen. Daher ist die Anwendbarkeit der Fristenregelungen in Ziff. 2.1.1.1 AUB 08, § 7 I (1) AUB 94/88 und § 8 II (1) AUB 61 als unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB abzulehnen. So hat auch das OLG Frankfurt (Urt. v. 5.5.1994, 17 U 18/89, VersR 1995, 904 ff.) im Fall einer Hepatitis B-Infektion entschieden. Dies wird man auf andere Infektionserkrankungen übertragen müssen.
Bestärkt wird diese Sichtweise durch die Entscheidung des OLG Koblenz/LG Trier. Die Urteilsbegründung des LG Trier zeigt die große medizinische Schwierigkeit eines Nachweises der ...