ZPO § 141 Abs. 3 S. 3
Leitsatz
Stellt die Partei, deren persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, einen Vertreter, ist die Festsetzung eines Ordnungsgelds gegen die nichterschienene Partei nur dann gerechtfertigt, wenn der entsandte Vertreter tatsächlich nicht in der Lage ist, zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen oder er nicht zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insb. einem Vergleichsschluss, ermächtigt ist.
OLG Hamm, Beschl. v. 31.7.2018 – 21 W 16/18
Sachverhalt
In einem Bauprozess war das persönliche Erscheinen der Partei zum Zwecke der Anhörung angeordnet worden. Nach mehrfacher Verlegung des Termins erschien der Bekl. in dem schließlich durchgeführten Termin nicht Sein Prozessbevollmächtigter reichte eine "Vollmacht gem. § 141 ZPO" zur Akte, wonach der Prozessbevollmächtigte in dem Termin und in sämtlichen Folgeterminen zur "Abgabe der gebotenen Erklärungen und zu einem Vergleichsabschluss" ermächtigt sei. Wegen der Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung ordnete das LG das Ruhen des Verfahrens an. Nachdem die Kl. das Verfahren wieder aufrief, bestimmte das LG Termin zur mündlichen Verhandlung und ordnete zugleich das persönliche Erscheinen der Parteien und die Landung eines Zeugen an. Nach mehrmaliger Umladung fand der Termin schließlich statt. Der Bekl. war in der ursprünglichen Ladung und allen Umladungen auf die Folgen seines Nichterscheinens gem. § 141 Abs. 3 S. 3 ZPO hingewiesen worden- In dem schließlich durchgeführten Termin, der ohne Beweiserhebung und Anhörung durchgeführt wurde, schlossen die Parteien einen Vergleich. Diesen widerrief der Bekl. Das LG verhängte daraufhin gegen den Bekl. wegen unentschuldigtem Ausbleibens ein Ordnungsgeld von 800 EUR. Der sofortigen Beschwerde hat das LG nicht abgeholfen. Der Senat hob den Ordnungsgeldbeschluss auf.
2 Aus den Gründen:
"… II. Die gem. §§ 141 Abs. 3. 1, 380 Abs. 3 (analog), 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Bekl. hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Ordnungsgeldbeschlusses."
1. a) Die formellen Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den im Verhandlungstermin vom 1.12.2017 nicht erschienenen Bekl. sind erfüllt. Er wurde ordnungsgemäß zu dem Termin (um) geladen und die Landung enthielt den nach § 141 Abs. 3 S. 3 ZPO gebotenen Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens.
b) Stellt die Partei, deren persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, einen Vertreter (§ 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO), ist die Fesesenzung eines Ordnungsgeldes gegen die Partei nur dann gerechtfertigt, wenn der entsandte Vertreter – dieser kann auch der Prozessbevollmächtigten sein – auch tatsächlich nicht in der Lage ist, zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen oder er nicht zur Abgabe der geborenen Erklärungen, insbesondere einem Vergleichsschluss, ermächtigt ist (vgl. OLG Köln – 5 W 146/03, NJW-RR 2004, 1722).
Zweck der Vorschrift des § 141 Abs. 3 ZPO ist nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (BGH – VI ZB 4/07, NJW-RR 2007, 1364 Rn 16 m.w.N.). Ein Ordnungsgeld kann daher nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (BGH – I ZB 77/20, NJW-RR 2011, 1363 Rn 16). Die Androhung und Verhängung eines Ordnungsgelds darf zudem nicht dazu verwendet werden, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (BGH, a.a.O., Rn 17) oder das Nicht-Zustandekommen eines Vergleichs zu sanktionieren.
Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen eine nicht erschienene Partei liegt im Ermessen des Gerichts. Ob das Gericht dieses Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat, unterliegt in vollem Umfang der Überprüfung durch das Beschwerdegericht (OLG Hamm –12 W 5/97, MDR 1997, 1061).
c) An vorstehendem Maßstab gemessen, liegt in der Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den im Verhandlungstermin am 1.12.2017 nicht erschienenen Bekl. ein Ermessenfehlgebrauch durch das Eingangsgericht.
Die vom Bekl. an seinen Prozessbevollmächtigten erteilte Vollmacht vom 31.7.2015 genügt den nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu stellenden Anforderungen. Sie bezieht sich ihrem Wortlaut nach auf den am 28.8.2015 vor dem LG Essen stattfindenden Termin und sämtliche Folgetermine‘ und ermächtigt den Beklagtenvertreter zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsschluss. Im Außenverhältnis unterliegt die Vollmacht damit keinen unzulässigen Einschränkungen, wie etwa einer Ermächtigung nur zum Abschluss eines Widerrufsvergleichs (vgl. Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 141 Rn 16; OLG Naumburg – 2 W 91/10, MDR 2011, 943). Aus der Ermächtigung des Vertreters zum unbedingten Vergleichsabschluss folgt indes keine Verpflichtung, überhaupt einen Vergleich für den Vollmachtgeber zu schließen oder einen solchen nur unwiderruflich abzuschließen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage 2018, § 141 Rn 18; MüKo-ZPO/Fritsche, 5. Aufl. 2016, § 141 Rn 21). Dies ergibt sich schon daraus, dass eine persönl...