Ein Fernabsatzvertrag ist ein Vertrag über eine Warenlieferung oder Dienstleistung zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer, der ausschließlich per Fernkommunikationsmittel außerhalb der in § 312b Abs. 2 BGB definierten Geschäftsräume geschlossen wird. Ausgenommen hiervon werden Verträge, die außerhalb eines organisierten Fernabsatzvertriebssystems zustande kommen und die in § 312b Abs. 3 BGB zustande gekommenen Vereinbarungen.
Die Bedeutung des Fernabsatzvertrages für den Neuwagenhandel ist derzeit noch nicht groß (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn 277).
1. Macht der Verbraucher sein Widerrufsrecht fristgemäß geltend (§§ 312g, 355 BGB), muss ihm der Unternehmer den Kaufpreis erstatten und der Verbraucher die Sache zurückgeben. Verbunden damit ist ein Gegenanspruch des Verkäufers, der in § 357 Abs. 3 S. 1 a.F. BGB dann gegeben war, wenn die Sache durch den Gebrauch des Verbrauchers verschlechtert war, soweit die Verschlechterung auf den Umgang des Verbrauchers mit der Sache zurückzuführen war, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausging, und wenn der Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist. Diese nunmehr in § 357 Abs. 7 BGB aufgenommenen Voraussetzungen für die Zahlung von Wertersatz, die ab dem 13.6.2014 gelten (vgl. BGBl I 2013, 3542), werden zu einer sicheren Voraussage nicht führen, welche Maßnahmen zur Prüfung der Sache notwendig sind und keinen Wertersatzanspruch auslösen und welche darüber hinausgehen und einen Gegenanspruch des Verkäufers begründen.
2. Da der Gebrauch von im Fernabsatz gelieferten Kaufgegenständen zur Prüfung der Eigenschaften und Funktionsweisen dienen darf, sind daraus herrührende Wertverschlechterungen nicht zu ersetzen. Maßstab dafür, welche Maßnahmen zur Prüfung der Kaufsache notwendig sind, lässt sich aus Erwägungsgrund 47 der Verbraucherrechtsrichtlinie der EU entnehmen (vgl. RL 2011/83/EU v. 25.10.2011 – ABl EU Nr. I, 305 v. 22.11.2011, S. 64 ff., umgesetzt durch Gesetz v. 20.9.2013 – BGBl I S. 3642). Danach darf der Verbraucher keine Prüfungshandlungen vornehmen, die weitergehend als Prüfungshandlungen im stationären Handel sind (vgl. Heinig, MDR 2010, 323, 326; Schirmacher/Schmidt, CB 2014, 107, 118).
Da im stationären Handel häufig Musterstücke vorhanden sind, befindet sich der Verbraucher beim Telekommunikationskauf hinsichtlich der Prüfungsmöglichkeit in einem Nachteil, der durch eine weitergehende Testmöglichkeit ausgeglichen werden muss (vgl. Amort, NJW 2017, 857). Für die Konstellation des Autokaufs im Telekommunikationsweg ist entsprechend den Umständen beim Kauf eine Probefahrt zulässiger Prüfungsaufwand (vgl. Schwab, JZ 2015, 644, 647). Dabei soll die Benutzung auf öffentlicher Verkehrsfläche erfolgen, da nur so ein ausreichender Eindruck von der Brauchbarkeit des Kfz gewonnen werden kann (vgl. Schwab, JZ 2015, 645, 647, 648; Reinking/Eggert, a.a.O., Rn 295). Der skurrile Ratschlag des Gesetzgebers, die Prüfung solle auf nicht-öffentlicher Verkehrsfläche erfolgen (BT-Drucks 14/6040 zu § 357 Abs. 3 S. 2 BGB), ist nicht praktikabel, da allenfalls ein verschwindend geringer Teil der Verbraucher über ausreichend große Privatgelände zu Prüfungsfahrten verfügt. Straßenverkehrsrechtlich ist es empfehlenswert, dass sich der prüfwillige Verbraucher ein Kurzzeitkennzeichen gem. § 16 FZV verschafft (vgl. Schwab, a.a.O., S. 648; Brönneke, MMR 2004, 124, 132; kritisch wegen des Aufwandes Faust, JuS 2009, 1049, 2052).
Die Erörterungen, welche Prüfungen für Espressomaschinen, Kameras, Autoradios, Kleidung, Fernsehgeräte, Zahnbürsten, Rasierapparate und Computer noch zulässiger Prüfaufwand sind (vgl. Schwab, a.a.O., S. 648 mit zahlreichen Nachweisen), zeigen die Unsicherheit bei der Abgrenzung des noch sanktionslos ohne Wertersatzverpflichtung hinzunehmenden Prüfungsaufwands (kritisch zur Qualität der Regelung des Fernabsatzrechts auch Wendekorst, NJW 2011, 2551, 2555).
3. Diese Unsicherheit gilt nicht für Waren, die im Telekommunikationsweg gekauft und geliefert und in andere Waren einzubauen sind. Da eine solche Möglichkeit dem Verbraucher im stationären Handel nicht geboten wird und das weitergehende Prüfungsrecht des Käufers beim Vorliegen eines Fernabsatzgeschäfts lediglich dem Ausgleich etwa weitergehender Prüfungsmöglichkeiten beim stationären Handel dient, ist der Einbau eines im Fernabsatzgeschäft gelieferten Gegenstandes überzogener Prüfungsaufwand, der wegen der damit verbundenen Wertverschlechterung einen Wertersatzanspruch des liefernden Unternehmers auslöst (vgl. Koch/Rupp, EWiR 2017, 77, 78).
Diese Ausgleichsfunktion des Umfangs der Prüfung der im Wege des Fernabsatzes gelieferten Kaufgegenstände ist nicht immer beachtet worden. In einem Urteil des BGH aus dem Jahre 2010 wurde ein Wertersatzanspruch des Unternehmers, der ein Wasserbett im Wege des Fernabsatzgeschäftes gelie fert hatte, verneint. Zum Zwecke der Prüfung hatte der Käufer das Wasserbett mit Wasser ...