Ist die Mitnahme zur Dienststelle zwecks Entnahme der Blutprobe schon eine Freiheitsentziehung?
Was sagt das Grundgesetz dazu?
Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG: Die Freiheit der Person ist unverletzlich.
Art. 104: Zulässigkeit und Ausgestaltung der Freiheitsentziehung
Abs. 1: Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich misshandelt werden.
Abs. 2: Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
Abs. 3: Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tag nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
Abs. 4: Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
Die Mitnahme zur Blutentnahme wird als Freiheitsbeschränkung angesehen. Kühne nennt diese Maßnahme eine freiheitsbeschränkende Maßnahme. Sie fällt unter das Grundrecht des Art. 2 GG.
Art. 2 Abs. 2 GG schützt mit der Freiheit der Person die körperliche Bewegungsfreiheit. Auch die Durchsuchung der Person oder ihre Mitnahme zur Dienststelle werden als Eingriffe in Art. 2 Abs. 2 GG qualifiziert. Ein nur kurzfristiges Festhalten (Verkehrskontrolle, Personalienfeststellung durch die Polizei) greift nach h.M. – wegen der Geringfügigkeit der Beeinträchtigung – nicht in Art. 2 Abs. 2 GG ein.
Bloße Freiheitsbeschränkung, nicht aber Freiheitsentziehung ist demgemäß … in der Regel auch … oder Verbringung zur Blutentnahme. Die Freiheitsentziehung, für die die besonderen Anforderungen nach Art. 104, Abs. 2-4 GG, gelten, ist ein besonders intensiver Fall der Freiheitsbeschränkung.
Das BayOLG hatte 1984 entschieden, dass derjenige, der zwangsweise zur Entnahme einer Blutprobe nach § 81a StPO zum Arzt verbracht wird, kein Gefangener i.S.d. § 120 StGB sei und in der Urteilsbegründung wörtlich gesagt "Nach der in Rechtsprechung und Rechtslehre herrschenden Auffassung enthält § 81a Abs. 1 StPO auch die Rechtsgrundlage für die Freiheitsbeschränkung, die zur Vollziehung dieser Anordnung erforderlich und angemessen ist. Die genannte Vorschrift stellt selbst eine unmittelbare Rechtsgrundlage dar, um einen Beschuldigten, der im Verdacht steht, im verkehrsuntüchtigen Zustand am öffentlichen Verkehr teilgenommen zu haben, zwangsweise einem Arzt zur Blutentnahme zuzuführen".
Dem Probanden, dem zur Entnahme der Blutprobe die Freiheit beschränkt werden muss (die verdachtsfreie Verkehrskontrolle dürfte mit den Verdachtsmomenten beendet sein, somit auch das bloß kurzfristige Festhalten – siehe dazu Fn 21), muss eine Rechtsgrundlage für diese Maßnahme vorzuhalten sein. Diese ist die Bestimmung des § 81a StPO.