BGB § 249 § 254
Leitsatz
1. Im Fall eines Totalschadens ist der im Tank verbliebene Kraftstoff für den Geschädigten unbrauchbar, so dass auch der im Tank verbliebene Kraftstoff eine Schadensposition darstellt.
2. Der Geschädigte kann nicht darauf verwiesen werden, den Kraftstoff abzupumpen, wenn der hierfür erforderliche Aufwand den Wert des Kraftstoffs überschreiten würde.
AG Solingen, Urt. v. 1.4 2015 – 11 C 631/14
Sachverhalt
Nach einem Totalschaden stritten die Parteien u.a. darum, ob der in dem Tank des Unfallfahrzeuges befindliche Kraftstoff von dem Geschädigten abzupumpen und dem Schädiger gutzubringen sei.
Das verneinte das AG.
2 Aus den Gründen:
" … Die Bekl. haben ferner Benzinkosten i.H.v. 15 EUR zu zahlen. Im Fall eines Totalschadens ist der im Tank verbliebene Kraftstoff für den Geschädigten unbrauchbar, so dass auch der verlorene Tank eine Schadensposition darstellt. Den Wert des Kraftstoffs schätzt das Gericht auf 15 EUR. Laut Aussage des Sachverständigen haben sich noch etwa 10 l Kraftstoff in dem Wagen befunden. Die Menge des verbliebenen Kraftstoffs ist von den Bekl. nicht bestritten worden. Der Kl. kann nicht darauf verwiesen werden, den Kraftstoff abzupumpen, da der hierfür erforderliche Aufwand den Wert des Kraftstoffs überschritten hätte. Auch ist aus dem Sachverständigengutachten M nicht zu erkennen, dass der verbliebene Kraftstoff bereits bei dem Wiederbeschaffungswert berücksichtigt worden ist. Insoweit kommt es durch das Zusprechen des Wertersatzes für den Kraftstoff nicht zu einer Bereicherung des Geschädigten. Auch das Argument der Bekl., bei der Anschaffung eines neuen Pkw sei Kraftstoff vorhanden, rechtfertigt es nicht dem Kl. den Wertansatz zu versagen, da dieser ja die geschätzten 15 EUR für den Kraftstoff aufgewendet hat, den er jetzt nicht mehr nutzen kann. Dies stellt einen Schaden dar."
Mitgeteilt von RA Robert Kersting, Solingen
3 Anmerkung:
Der Geschädigte müsste sich den Wert des Resttreibstoffs im Tank des total beschädigten Kfz nur dann anrechnen lassen, wenn ihn gem. § 254 Abs. 2 BGB die Schadensgeringhaltungsobliegenheit träfe, entweder selbst den Treibstoff abzusaugen oder durch Dritte absaugen zu lassen und den so "wiedergewonnenen" Treibstoff anderweitig zu verwenden. Da als Schadensgeringhaltungsmaßnahmen nur solche geschuldet sind, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Minderung des Schadens ergreifen würde (vgl. BGH NJW 1952, 299; KG DAR 1976, 154; OLG Rostock ZIP 2002, 429), ist der Geschädigte nicht gehalten, selbst den Treibstoff abzusaugen. Das ist ihm schon wegen der damit verbundenen unappetitlichen Begleitumstände einer solchen Maßnahme nicht zuzumuten. Eine Absaugtätigkeit durch Dritte ist wegen der regelmäßig damit verbundenen Kosten gleichfalls nicht zumutbar, da die Aufwendungen über dem damit erzielbaren Vorteil der Neuverwendung liegen werden. Damit steht dem Geschädigten wegen des nicht realisierbaren Werts des Resttreibstoffs im Tank des totalbeschädigten Fahrzeugs ein nicht zu kürzender Ersatzanspruch zu (vgl. LG Regensburg NZV 2005, 49; LG Darmstadt zfs 1990, 343; AG Berlin-Charlottenburg zfs 1989, 50; Hillmann/Schneider, Das verkehrsrechtliche Mandat, Band 2, Verkehrszivilrecht, 6. Aufl., § 7 Rn 304). Unerheblich ist es, ob der Geschädigte bei dem Erwerb des Ersatzfahrzeuges von dem Verkäufer Treibstoff im Tank erhält, zum einen ist in diesem Zeitpunkt der Schaden durch die Nichtverwendbarkeit des Treibstoffs im Tank bereits entstanden, zum anderen liegt keine Leistung eines Dritten, des Verkäufers des Ersatzfahrzeuges vor, die dem Ausgleich des dem Geschädigten erwachsenen Schaden dienen soll.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 10/2015, S. 563