ARB1975/2002 § 14 Abs. 3
Leitsatz
1. Haben der Versicherungsnehmer als Arbeitnehmer (hier: Profihandballspieler) und ein Dritter (hier: Handballverein) einen Arbeitsvertrag geschlossen, der zeitlich vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung liegt, und weigert sich der Verein für einen Zeitraum nach Inkrafttreten der Rechtsschutzversicherung Gehaltszahlungen zu leisten, so kann der Versicherungsfall gem. § 14 Abs. 3 S. 1 ARB 1975/2002 bereits im Abschluss des Arbeitsvertrages liegen, wenn der spätere Streit bereits im Arbeitsvertrag im Keim angelegt und gewissermaßen vorprogrammiert war. Das ist der Fall, wenn der beklagte Verein sich gegen die Gehaltszahlung alleine mit dem Argument verteidigt, der Arbeitsvertrag sei gar nicht mit ihm, sondern einer ausgegliederten GmbH geschlossen worden, bzw. mangels Unterschrift eines weiteren Vorstandsmitgliedes jedenfalls unwirksam.
2. Selbst wenn der Versicherungsfall in einem derartigen Fall erst in der Nichtzahlung des Gehaltes liegen sollte, wäre Rechtsschutz jedenfalls nach § 14 Abs. 3 S. 3 ARB 1975/2002 ausgeschlossen.
3. Zur Bindungswirkung des Versicherers an eine Deckungszusage.
OLG Celle, Urt. v. 10.7.2008 – 8 U 30/08
Sachverhalt
Der Ehemann der Klägerin ist über sie bei der Beklagten familienrechtsschutzversichert. Er ist Berufshandballspieler. Er hat von seinem Verein, dem T. e.V. rückständige Vergütung beansprucht. Der T. e.V. hat sich damit verteidigt, mit ihm sei der – in nicht versicherter Zeit abgeschlossene – Vertrag nicht wirksam vereinbart worden.
Aus den Gründen
“ … Der Klägerin steht aus dem von ihr mit der Beklagten geschlossenen Rechtschutzversicherungsvertrag gem. § 2 Abs. 1 und 2, § 14, § 26 Abs. 1 S. 1 ARB 1975/2002 ein Anspruch auf Freistellung von angefallenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten nur für das Verfahren vor dem ArbG E zu, soweit die Beklagte Deckungszusage bezüglich der Gehälter für Mai und Juni 2005 erteilt hat.
1. Zu Unrecht ist das LG zunächst davon ausgegangen, dass der Rechtsschutzfall erst im versicherten Zeitraum, nämlich mit der Nichtzahlung des Gehaltes und der Treueprämie im Mai/Juni 2005 eingetreten ist. Tatsächlich ist er gem. § 14 Abs. 3 S. 1 ARB bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrages vom 26.11.2001 eingetreten. Die Regelung des § 14 Abs. 3 S. 2 ARB greift dagegen nicht zugunsten der Klägerin ein, während umgekehrt die Ausschlussklausel des § 14 Abs. 3 S. 3 ARB zu ihren Lasten Anwendung findet.
a) Nach § 14 Abs. 3 S. 1 ARB besteht Anspruch auf Rechtsschutz nach Eintritt des Rechtsschutzfalles von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer, der Gegner oder ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Ausreichend ist jedes Verhalten, das nicht mit Rechtsvorschriften oder Rechtspflichten im Einklang steht (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 14 ARB 75 Rn 8). Hierbei genügt für einen Verstoß jeder tatsächliche, objektiv feststellbare Vorgang, der den Keim eines Rechtskonfliktes in sich trägt (BGH VersR 2007, 535). Dabei führt bereits die Behauptung eines Rechts- oder Pflichtverstoßes, die eine Partei zur Untermauerung ihrer Position aufstellt, unabhängig von den Gesichtspunkten der Schlüssigkeit, Substantiiertheit oder Entscheidungserheblichkeit dazu, dass der Versicherungsfall als mit Beginn des behaupteten Verstoßes eingetreten gilt (BGH VersR 1985, 540). Es muss lediglich eine ernsthafte Behauptung vorliegen, d.h. ein Vortrag, der zumindest einen Tatsachenkern enthält und die Beurteilung erlaubt, ob hiermit ein adäquat kausaler Vorgang für den zwischen den Parteien ausgebrochenen Konflikt dargetan ist, während die bloße Schilderung von Werturteilen oder eines “Kolorits’ nicht genügt (BGH VersR 2005, 1684).
Bei vertraglichen Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, liegt im reinen Vertragsschluss, soweit dieser als solcher unstreitig ist, und nur über die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten gestritten wird, in der Regel noch kein Verstoß nach § 14 Abs. 3 S. 1 ARB. Wird über die Auslegung eines Vertrages gestritten, so ist erst die Kundgabe der vom Gegner als unberechtigt empfundenen Version der Verstoß, spätestens die Geltendmachung von Rechten auf Grund der so vorgenommenen Auslegung (OLG Düsseldorf VersR 2001, 233; Prölss/Martin, a.a.O., Rn 20, 42). Anders liegt es dagegen, wenn bereits die Entstehung des Schuldverhältnisses mit einem Verstoß behaftet ist, etwa wenn es um die Frage geht, ob ein Vertrag wegen Verstoßes gegen §§ 134, 138 BGB nichtig ist, ob ein Scheingeschäft nach § 117 BGB vorliegt, ob ein Willensmangel nach §§ 119, 123 BGB zum Vertragsschluss geführt hat oder ein Verstoß gegen Formvorschriften vorliegt (vgl. OLG Saarbrücken VersR 2000, 1536: Streit um die inhaltliche Wirksamkeit einer Klausel über die zeitliche Beschränkung einer Berufsunfähigkeitsversicherung … ). In diesem Fall ist bereits die Entstehung des Vertrages mit dem Keim des künftigen Rechtskonfliktes belastet. Durch die Regelung des § 14 Abs. 3 S. 1 ARB soll gerade vermieden werden, dass d...